60 Jahre „Weilheim“ – vom Küstenminensucher zum Minenjagdboot zum Museumsschiff
Das älteste Großexponat des Deutschen Marinemuseums, das Minenjagdboot M 1077 „Weilheim“, feiert in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Grund genug, an dessen Dienstzeit zu erinnern und zu den Geburtstagsfeierlichkeiten einzuladen.
Am 28. Januar 1959 wurde die „Weilheim“ als Küstenminensuchboot in Dienst gestellt. In den kommenden Jahrzehnten sollte es sich als wandlungsfähiges und dadurch langlebiges Exemplar einer Bootsklasse erweisen, die über die gesamte Zeit des Ost-West-Konflikts ihren Dienst versah und nach dessen Ende noch an den ersten Auslandseinsätzen der Bundeswehr teilnahm.
In der Aufstellungsphase der Bundesmarine gehörte das Räumen von Minen aus dem Zweiten Weltkrieg zu den ersten Aufgaben der aufwachsenden Minensuchflottillen. Die Lindau-Klasse (Klasse 320), nach dem Vorbild der US-amerikanischen Bluebird-Klasse konstruiert, bildete mit ihren 18 Einheiten einen wichtigen Grundstock dieser Verbände. Gebaut mit einem Holzrumpf, sollte die Magnetsignatur möglichst geringgehalten werden. Aber auch auf das Schiffsinnere hatte der Rückgriff auf Holz als Baustoff seinen Einfluss. Die Decks für die 43 bis 46 Mann waren in dunklem Mahagoni-Tropenholz gehalten und stellten so einen starken Kontrast zum später auf Kriegsschiffen vorherrschenden Grau in Grau dar. Gleichzeitig profitierte die „Weilheim“ davon, erst das achte Boot ihrer Klasse zu sein. Das dritte Brückendeck, das bei den ersten sechs Booten der Lindau-Klasse zu erheblichen Stabilitätsproblemen geführt hatte, wurde bereits nicht mehr montiert.
Für den Auftrag als Küstenminensuchboot waren die Boote mit einem Minensuchgeschirr und Geräuschbojen ausgerüstet. So konnten Ankertau- und Geräuschminen geräumt werden. Die fortschreitende Weiterentwicklung von Seeminen führte dazu, dass sich auch die „Weilheim“ verändern musste. In den 1970er Jahren wurden sechs Boote der Lindau-Klasse zu Hohlstablenkbooten umgebaut, während zwölf Boote zu Minenjagdbooten (nun Klasse 331) umgerüstet wurden. Letzteres betraf auch die „Weilheim“, die dazu am 30. Juli 1976 vorläufig außer Dienst gestellt wurde. Etwas mehr als zwei Jahre dauerte der Umbau bei Abeking & Rasmussen in Lemwerder bei Bremen. Als sie am 17. November 1978 wieder in Dienst gestellt wurde, hatten sich ihre Fähigkeiten beträchtlich erweitert. Mit neuer Navigationsanlage und Sonarausstattung versehen, konnte sie nun zusätzlich Minen mittels zweiter drahtgelenkter Minenjagddrohnen PAP 104 aus sicherer Entfernung aufspüren und zerstören. Der Umbau beinhaltete zudem die Verlängerung des Decksaufbaus, wodurch Minentaucher mit an Bord genommen werden konnten.
Obwohl ursprünglich für die Nordsee gebaut, nahmen mehrere Hohlstablenk- und Minenjagdboote der Lindau-Klasse von August 1990 bis September 1991 an der Operation Südflanke teil. Als deutsche Beteiligung der multinationalen Koalition gegen die irakische Invasion Kuwaits hielten sie sich zunächst im Mittelmeer bereit und verlegten im März 1991 in den Persischen Golf. Der Einsatz erfolgte unter schwierigen klimatischen Bedingungen, wobei Hitze und Luftfeuchtigkeit Besatzungen und Material gleichermaßen belasteten.
Die „Weilheim“ war an der Operation Südflanke allerdings nicht beteiligt. Sie erwartete ein anderes Schicksal. Nach der endgültigen Außerdienststellung am 15. Juni 1995 ist die „Weilheim“ seit 1997 im Besitz des Deutschen Marinemuseums in Wilhelmshaven und zählt damit, neben dem U-Boot U10, zu den dessen ersten begehbaren Großexponaten.
Den 60. Geburtstag des Bootes hat das Deutsche Marinemuseum zum Anlass genommen, seine alte Dame zu feiern. Als besonderer Gast machte dazu am 22. Mai das aktive Minenjagdboot M 1059 „Weilheim“ längsseits der „Mölders“ im Museumshafen fest. Für den Kommandanten, Korvettenkapitän Sebastian Sauer, stellte bereits dies ein besonderes Highlight dar. Schließlich, so Sauer, sei die „Weilheim“ dadurch „wohl das einzige aktive Boot im 3. Minensuchgeschwader, das an einem Lenkwaffenzerstörer festgemacht hat.“ Die Besatzung erwies sich am folgenden Tag als guter Gastgeber und stellte den Museumsbesuchern von 10:00 bis 17:00 das eigene Boot vor. Aus den Schilderungen wurde der Stolz deutlich, den die Besatzung gegenüber ihrem Boot, aber auch der eigenen Leistungsfähigkeit empfindet.
Der eigentliche Festakt wurde im Anschluss durch Konteradmiral a.D. Gottfried Hoch, dem Stiftungsvorsitzenden des Deutschen Marinemuseums, begonnen. Dieser begrüßte Gäste und Besatzung der aktuellen „Weilheim“ und dankte diesen für ihren Einsatz und die Bereitschaft, die Geburtstagsfeier der alten „Weilheim“ auf diese Weise zu bereichern. Hans Stibich und Kurt Scholz als Angehörige der Marinekameradschaft Weilheim überbrachten eine Grußbotschaft des Weilheimer Bürgermeisters, der die Verbundenheit der Bevölkerung der oberbayrischen Stadt zu Besatzungen und Schiffen des Namens „Weilheim“ betonte und gleichzeitig zusicherte, den Erhalt des Museumsboots auch in Zukunft zu unterstützen. An Letzterem wird die MK Weilheim wie bisher durch die Durchführung von PönEx’en tatkräftig mithelfen. Die eigentliche Festrede übernahm der zehnte Kommandant der „Weilheim“, Konteradmiral a.D. Karl-Wilhelm Ohlms, der über die Aufgaben und Herausforderungen während der Einsatzzeit in der Zeit des Ost-West-Konflikts berichtete. Im Anschluss an diesen historischen Rückblick führte der Vortrag von Korvettenkapitän Sauer wieder in die Gegenwart. Jedoch nicht ohne ebenfalls auf die entstandene Tradition des Schiffsnamens und der Verbindung zur Stadt Weilheim zu verweisen. Sauer erklärte im Folgenden das Mehrbesatzungskonzept der Minenjagdboote und bewertete es als zeitgemäße Herangehensweise an aktuelle Aufträge und Einsätze. Der Zusammenhalt der einzelnen Besatzungen auf zwischenmenschlicher Ebene sei höher zu bewerten als die Bindung an die Plattform. Im Anschluss kamen ehemalige und heutige „Weilheim“-Fahrerinnen und Fahrer bei Bratwurst und aus Weilheim mitgebrachtem bayrischem Bier ins Gespräch.
Text: Klaus Schroeder, Fotos: Deutsches Marinemuseum