„HAMBURG“ und „ST. PAULI“
Online-Wettbewerb entschied über Namen des Tochterbootes – Neubau ausschließlich durch Spenden finanziert
Auf den Namen „HAMBURG“ hat Moderatorin und Reporterin Anke Harnack am Dienstag, 28. Juli 2020, in Bremen den jüngsten Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) getauft. Damit würdigt die DGzRS die Verbundenheit vieler Hamburger zu den Seenotrettern. Das moderne Spezialschiff ersetzte auf der Station Borkum seinen Vorgänger ALFRIED KRUPP. Wie die gesamte Arbeit der Seenotretter wurde der Neubau ausschließlich durch Spenden finanziert, darunter viele aus Hamburg.
28 Meter lang, 6,20 Meter breit, zwei Meter Tiefgang, fast 4.000 PS stark und 24 Knoten schnell – das sind nur einige technische Daten des neuen Seenotrettungskreuzers „HAMBURG“. In einer internen Zeremonie wurde das Schiff jetzt auf dem Gelände der Seenotretter-Zentrale in der Bremer Neustadt getauft. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie hatte die ursprünglich für April geplante öffentliche Taufe im Traditionshafen nahe der Hamburger Elbphilharmonie abgesagt werden müssen.
Die seit vielen Jahren in Hamburg lebende, aus Hörfunk und Fernsehen bekannte Moderatorin, Reporterin und Seenotretter-Bo(o)tschafterin Anke Harnack wünschte dem Schiff und seiner Besatzung „allzeit gute Fahrt und stets eine sichere Heimkehr“. Mit den gleichen Wünschen taufte Charlotte Haack, Tochter des 2. Vormanns des Seenotrettungskreuzers, das Tochterboot auf den Namen „ST. PAULI“.
Erfolgreiches „Spendemanöver“
Mit der Aktion „Spendemanöver: ‚HAMBURG’ wird Seenotretter!“ hatten die Seenotretter alle Einwohner und Freunde Hamburgs aufgerufen, sich an der Finanzierung des Neubaus für die Station Borkum zu beteiligen. Deshalb hatte die DGzRS eine Ausnahme von ihrer traditionellen Regel gemacht und den Namen des neuen Seenotrettungskreuzers schon weit vor der Taufe bekanntgegeben. Viele Einzelpersonen haben ihre Verbundenheit durch außergewöhnliche Spenden zum Ausdruck gebracht. Ihre Namen fahren an Bord auf einer Danktafel bei jedem Einsatz mit.
Auch das Land Hamburg zeigte für das Projekt Flagge: „Seenotretter setzen sich ein. Sie retten Menschen auf Nord- und Ostsee aus Lebensgefahr. Das ist eine ehrenvolle Aufgabe. Ich unterstütze das mit voller Überzeugung“, sagte der damalige parteilose Wirtschaftssenator Frank Horch bei einem Senatsempfang für die Seenotretter am 17. August 2018 im Hamburger Rathaus. Er hatte die Schirmherrschaft über die Aktion „Spendemanöver: ‚HAMBURG’ wird Seenotretter!“ übernommen. Seinerzeit war auf der Hamburger Rathausdiele eine Ausstellung über die Seenotretter und die geplante neue „HAMBURG“ zu sehen. „Viele Menschen werden der neuen „HAMBURG“ ihr Leben verdanken. Den Seenotrettern gebührt Dank für ihre schwere Aufgabe, die viel Mut und Geschick erfordert. Ich freue mich, dass Hamburg seinen Respekt vor der Arbeit und für das bürgerschaftliche Engagement zum Ausdruck bringen kann“, sagte Senator Horch damals. Bei der jetzigen Taufe wurde eine Grußbotschaft von ihm an die Seenotretter per Video eingespielt, da er aus terminlichen Gründen nicht anwesend sein konnte.
Portrait des verstorbenen Schauspielers Jan Fedder im Fahrstand
Für die Namengebung des Tochterbootes stand fest, dass es den Namen eines amtlichen Hamburger Stadtteils erhält. Bis Ende März 2020 konnte jeder online darüber abstimmen. Alle 104 Stadtteile der Elbmetropole hatten Stimmen erhalten. „Das zeigt die große Verbundenheit der Menschen mit Hamburg und der Hamburger mit ihren Stadtteilen“, sagte Ingo Kramer, stellvertretender Vorsitzer der DGzRS. Neben dem „Gewinner“ St. Pauli erhielten Bergedorf, Bergstedt, Blankenese, Finkenwerder, Neuwerk, Rahlstedt, St. Georg, Veddel und Wilhelmsburg die meisten der 9.000 Stimmen. Als sich abzeichnete, dass St. Pauli die Nase vorn hat, entschieden die Seenotretter, den Ende 2019 verstorbenen Hamburger Schauspieler Jan Fedder im Fahrstand mit einem Porträt zu ehren, das ihn in Seenotretter-Wetterzeug zeigt. Fedder war seit 2007 DGzRS-Bo(o)tschafter und wird auf diese Weise jeden Einsatz an Bord des 8,2 Meter langen und mehr als 230 PS starken Tochterbootes mitfahren.
Geplante Taufe mit Benefiz-Matinee in Hamburg konnte nicht stattfinden
Ursprünglich war die Taufe der „HAMBURG“ für April in Hamburg im Traditionshafen an der Elbphilharmonie als öffentliche Veranstaltung vorgesehen. Eine Benefiz-Matinee der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen, Bo(o)tschafter der Seenotretter seit 2015, war bereits ausverkauft. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie mussten die Taufe und das Konzert jedoch abgesagt werden.
Zur jetzt nicht-öffentlichen Taufe im Kreis der Besatzung und mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DGzRS entsandte das hochkarätige Orchester dennoch einen Gruß: Ein kammermusikalisches Ensemble der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen gab der Zeremonie mit einem Stück von Joseph Haydn einen feierlichen Rahmen.
Gruß vom Hamburger Michel
Seenotretter-Bo(o)tschafterin Anke Harnack, die im März 2019 bereits die ungewöhnliche Kiellegung des Seenotrettungskreuzers mitten in Hamburg am Jungfernstieg durch Einlegung einer Münze in ein Bauteil vorgenommen hatte, hatte zur Taufe einen ganz besonderen Begleiter von der Elbe mitgebracht: Alexander Röder, Hauptpastor der St.-Michaelis-Kirche, die vielen besser bekannt ist unter dem Namen Hamburger Michel. Er begleitete die Taufe von HAMBURG und ST. PAULI und ließ es sich nicht nehmen, Seenotrettungskreuzer und Tochterboot für ihre bevorstehenden Einsätze zu segnen.
Gebaut für Einsätze unter extremsten Bedingungen
Die „HAMBURG“ ist der vierte 28-Meter-Neubau der DGzRS. Stationiert sind die besonders leistungsfähigen Seenotrettungskreuzer dieser Klasse an wichtigen Küstenpunkten („ERNST MEIER-HEDDE“: Amrum; „BERLIN“: Laboe; „ANNELIESE KRAMER“: Cuxhaven). Ihr Einsatzgebiet sind das Küstenvorfeld ebenso wie die hohe See – bei jedem Wetter und auch unter extremsten Bedingungen. Wie alle Rettungseinheiten der DGzRS werden sie vollständig aus Aluminium im bewährten Netzspantensystem als Selbstaufrichter gebaut.
Die „HAMBURG“ entstand auf der Fr.-Fassmer-Werft in Berne an der Unterweser. Ihre Erprobung „auf Herz und Nieren“ in der Nordsee hat sie erfolgreich absolviert. Der Neubau hat Mitte April auf der westlichsten Station der Seenotretter in Borkum seinen Dienst aufgenommen und bereits kaum 24 Stunden nach seiner Stationierung den ersten Einsatz gefahren.
Zwei je 1.440 kW/1.958 PS starke Maschinen beschleunigen das 120 Tonnen verdrängende Spezialschiff auf bis zu 24 Knoten (ca. 46 km/h). Gefahren wird es von einer vier Mann starken Besatzung. Besondere Merkmale sind eine umfassende Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung an Bord, eine Feuerlöschpumpe mit ferngelenktem Monitor zur Bekämpfung von Bränden auf See und die Fähigkeit, sich im Falle des Durchkenterns innerhalb weniger Sekunden selbst wiederaufzurichten. In der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne führen die 28-Meter-Einheiten jeweils ein gut acht Meter langes Tochterboot mit sich.
Text u. Foto: Die Seenotretter – DGzRS