Green Deal und Corona
Angesichts massiver Herausforderungen für die Maritime Wirtschaft durch Corona und den „Green Deal“, über den die Treibhausgas-Emissionen bis 2050 europaweit nahezu auf null gesenkt werden sollen, setzen die für Häfen zuständigen norddeutschen Ressortchefs auf mehr Rückenwind durch den Bund. „Allein die Klima-Pakete bürden den Ländern erhebliche Verpflichtungen bei der Finanzierung der Hafeninfrastrukturen auf. Wir erwarten deshalb, dass der Bund seine bisherige finanzielle Unterstützung der Länder dynamisiert und ausbaut“, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz als Gastgeber des mittlerweile 9. Hafenentwicklungsdialogs mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie den Vertretern des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe. Gäste der Videokonferenz am Vorabend waren neben Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Hendrik Wüst der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, und der Maritime Koordinator der Bundesregierung, Norbert Brackmann.
Mit ihrer Forderung nach einem Aufwuchs der Mittel berufen sich die Ressortchefs auf das Solidarpakt-Fortführungsgesetz. „Die Mittel dieses im Grundgesetz verankerten Pakts werden fortgeschrieben, wurden bisher aber noch nie an gestiegene Investitionskosten angepasst“, sagte Buchholz. Mit Blick auf die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für die Häfen erinnerte er zugleich daran, dass zwar ein Teil der Betriebe bisher gut durch die Krise gekommen sei, das Kreuzfahrtgeschäft aber am Boden liege. „Wir haben uns vor diesem Hintergrund darauf verständigt, dass – wenn es nach dem Lockdown hoffentlich bald zu einem Neustart von Kreuzfahrten ab Deutschland kommt – wir bei der Öffnung der Häfen abgestimmt vorgehen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden“, so Buchholz.
Der Maritime Koordinator Norbert Brackmann appellierte unterdessen an Hafenbetreiber, sich möglichst breit aufzustellen: „Auch wenn unsere Häfen dank eines sich schnell erholenden Containerumschlags sowie durch Flexibilität und Einfallsreichtum vergleichsweise gut durch das letzte Jahr gekommen sind, ist langfristig Diversifizierung gefragt. Mit dem Ende der Atomkraft und dem Abschalten der Kohlekraftwerke ist klar, dass der deutsche Energiebedarf auch bei einem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien nur durch Energieimporte gedeckt werden kann. Hier sehe ich ein enormes Potenzial für unsere deutschen Häfen. Sie können sich als Drehscheiben für alternative Kraftstoffe wie Wasserstoff etablieren und so Ausgangspunkte für die weitere Verteilung in Deutschland und Europa sein“, so Brackmann. Gleichzeitig würden die Häfen beim Umweltschutz auch selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Energieeffizienz stehe dabei ganz oben auf der Agenda und Landstromanlagen seien mittlerweile in fast allen großen deutschen Häfen zu finden oder zumindest in Planung.
Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, erinnerte in diesem Zusammenhang an die vielen Förderprogramme des Bundes: „Dass durch die Corona-Pandemie, den Brexit und die gesteigerten Anforderungen an Umwelt- und Klimaschutz bei der maritimen Wirtschaft ein erhöhter Investitionsbedarf entsteht, haben wir ganz klar erkannt und mit entsprechenden Förderprogrammen reagiert. Die Förderaufrufe zu innovativen Hafentechnologien, digitalen Testfeldern in Häfen und sauberen Antrieben in der Küstenschifffahrt wurden heute veröffentlicht.“
Im Konjunktur- und Zukunftspaket der Bundesregierung seien im Bereich Schifffahrt und Infrastruktur bis 2024 zusätzlich insgesamt 554 Millionen Euro vorgesehen. Ferlemann: „Mit diesen zusätzlichen Mitteln, ergänzend zu den allgemeinen Haushaltstiteln für die Wasserstraßen, wollen wir schwerpunktmäßig die seewärtigen Zufahrten und die Hinterlandanbindungen in den fünf Küstenländern und Nordrhein-Westfalen voranbringen sowie die Bundeswasserstraßen ertüchtigen.“
Sorgen bereiten den Küstenländern nach den Worten von Bremens Hafen-Senatorin Dr.Claudia Schilling die wachsende Markt-Macht einzelner Reedereien: „Angesichts der damit verbundenen Schwächung der Häfen und der unabhängigen Terminals haben wir verabredet, gemeinsam dafür zu sorgen, dass weitere Marktkonzentrationen auf Reeder-Seite weder durch nationale noch durch europäische Entscheidungen manifestiert oder unterstützt werden.“
Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann erklärte: „Um unsere Häfen für eine klimaneutrale und wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft aufzustellen, ist ein intensives Engagement von Bund und Ländern, Wirtschaft und Wissenschaft angebracht. Heute haben wir über die norddeutsche und nationale Bedeutung von Wasserstoff in Häfen gesprochen. Gemeinsam wollen wir die Dekarbonisierung der Häfen und der in ihnen angesiedelten hafennahen Industrie vorantreiben.“
Niedersachsens Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann erinnerte an die Bedeutung der weiteren Digitalisierung: „Die Beschleunigung digitaler Prozesse in den Häfen birgt Chancen aber auch Herausforderungen. Wir sind uns einig, dass eine bessere digitale Kooperation den Hafenstandort Deutschland im Wettbewerb mit den europäischen Häfen stärken und Arbeitsplätze in der Branche sichern wird.“ Niedersachsen werde dieses Jahr unter anderem zu einer gemeinsamen Hafen-Digitalisierungskonferenz einladen und habe sich außerdem mit den weiteren Teilnehmern des heutigen Treffens über die Entwicklung einer norddeutschen Binnenschiffs-App verständigt.
Mecklenburg-Vorpommerns Verkehrsminister Christian Pegel erinnerte unterdessen an die Bedeutung der Häfen für das Gelingen Energiewende: „Aufgrund des Strukturwandels wird der Umschlag herkömmlicher fossiler Energieträger drastisch zurückgehen. Die Herausforderung besteht darin, diese Einbußen durch andere Geschäftsmodelle zu kompensieren. Handlungsfelder dabei sind unter anderem Ausrüstungs- und Versorgungsdienstleistungen für Offshore-Windparks oder die Ansiedlung entsprechender Produktionsstandorte sowie künftig die Errichtung von LNG-Terminals.“
Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS), zeigte sich bei dem Online-Treffen ebenfalls optimistisch: „Die deutsche Hafenwirtschaft hat im vergangenen Jahr trotz aller aktuellen Widrigkeiten ihren Beitrag zu verlässlichen Lieferketten für Handel und Industrie geleistet und zugleich weiter in Zukunftsthemen wie Digitalisierung, LNG und Wasserstoff investiert. Zur Stärkung unserer technologischen und ökologischen Vorreiterrolle setzen wir auf eine Politik der Länder und des Bundes, die für den marktwirtschaftlichen Wettbewerb der europäischen Hafenstandorte an Nordsee, Ostsee und Mittelmeer und der Hafen-, Schifffahrts- und Logistikunternehmen einen fairen Rahmen schafft, Standortnachteile ausräumt und Innovation fördert. Der diesjährige Hafenentwicklungsdialog machte mir deutlich, dass wir auf einem guten Weg sind.“
Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Hendrik Wüst sagte: „Seehäfen sind für das Exportland Nordrhein-Westfalen das Tor zum globalen Handel“, sagte Verkehrsminister Hendrik Wüst. Wegen der geographischen Lage werde zurzeit der größte Teil über die ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam) abgewickelt. „Aber ich bin um jede Tonne froh, die wir nicht von unseren starken Mittelständlern in Ost- und Südwestfalen quer durchs Ruhrgebiet und Rheinland fahren“, so Wüst. „Deshalb unterstützen wir das Projekt ‚Hamburg-NRW-Plus‘ mit einer direkten Containerzug-Verbindung zum Hamburger Hafen und sind
Text: WiMi.SH, Foto: HHM / Peter Glaubitt/ www.hafen-hamburg.de