Hafenwirtschaft erwartet schwieriges 2021
Auf seiner Jahrespressekonferenz, die in diesem Jahr digital stattfand, mahnte der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) die Politik, mehr zu tun, damit die deutsche Hafenwirtschaft die Krise überwinden kann. „Die Seehafenbetriebe haben während der ersten Phase der Krise im Frühjahr ihre Systemrelevanz unter Beweis gestellt und dazu beigetragen, die Versorgung der Bevölkerung, des Handels und der europäischen Industrie sicherzustellen. Durch die Corona-Pandemie kam es zu deutlichen Verlusten bei den Umschlagsmengen, die sich auch in den Betriebsergebnissen und bei der Investitionsfähigkeit der Unternehmen niederschlagen“, sagte Frank Dreeke, Präsident des ZDS. „Wir erwarten ein herausforderndes Jahr 2021 und benötigen von dieser und auch der nächsten Bundesregierung eine ehrgeizige Standortpolitik.“
Umschlagsrückgang unterstreicht Notwendigkeit zum Handeln
Offizielle Zahlen zum Umschlag vom Statistischen Bundesamt zeigen, dass der Gesamtumschlag im ersten Halbjahr 2020 um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückging. Von Januar bis Juni 2020 wurden 135,7 Mio. Tonnen Güter umgeschlagen, das sind 15 Mio. Tonnen weniger als zuvor. Für das Jahr 2020 wird von einem Rückgang im Gesamtumschlag im mittleren einstelligen Bereich ausgegangen. Zum Vergleich: In den vergangenen Jahren schwankte der Umschlag um weniger als ein Prozent und lag bei rund 300 Mio. Tonnen pro Jahr.
„Trotz der schwierigen Lage wissen wir um unsere Stärken: Wir sind führend bei Innovation, Digitalisierung und beim Klimaschutz. Wir begrüßen, dass es bei einigen für die deutsche Hafenwirtschaft wichtigen Themen bereits Bewegung gegeben hat, beispielsweise bei der Anpassung des Erhebungsverfahrens zur Einfuhrumsatzsteuer. Wir brauchen allerdings mehr Tempo, damit sich der Standort Deutschland weiter behaupten kann und die Seehafenbetriebe besser zum wirtschaftlichen Aufschwung nach der Krise beitragen können“, so Dreeke.
Standortnachteile gegenüber anderen Ländern ausräumen
Hafenstandorte und Seehafenbetriebe stehen in einem hart geführten internationalen Wettbewerb. Für fairen Wettbewerb sowohl unter Standorten als auch unter Unternehmen muss es faire Rahmenbedingungen geben. Beim Erhebungsverfahren zur Einfuhrumsatzsteuer wurde mit der Einführung des Fristenmodells ein großer Schritt nach vorne gemacht. Aus Sicht der Hafenwirtschaft muss noch weiter gegangen und das Verrechnungsmodell eingeführt werden. Nur mit dem Verrechnungsmodell kann der Standortnachteil, den Deutschland hier gegenüber anderen Ländern hat, vollständig beseitigt werden. Auch bei den Transportwegekosten wie Trassenpreise und LKW-Maut muss nachgesteuert werden. Die Kosten sind in Deutschland höher als in den Nachbarstaaten, was ausländische Konkurrenzhäfen an Nordsee, Ostsee und am Mittelmeer bevorteilt. Gleiches gilt auch beim Breitbandausbau. Eine leistungsfähige digitale Infrastruktur ist notwendig, um die Digitalisierung von Umschlags- und Logistikprozessen effektiv begleiten zu können.
Frank Dreeke: „Deutsche Seehäfen sind Jobmotoren und spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherung der Position Deutschlands als Exportweltmeister. Die deutsche Hafenwirtschaft braucht eine Politik des Bundes, die Wettbewerbsnachteile ausräumt und Innovation fördert.“
Die Bewältigung der Corona-Krise und die Stärkung des Wirtschaftsstandortes seien aber nicht die einzigen Herausforderungen, denen man sich stellen müsse, so Dreeke weiter. Auch den Klimawandel müsse man fest im Blick behalten. Die deutsche Hafenwirtschaft sei hier führend und investiere in nachhaltige Technologien, wie beispielsweise alternative Energien.
Häfen in der Energiewende
Der ZDS legte anlässlich seiner Jahrespressekonferenz auch ein neues Positionspapier zu Umschlag und Nutzung von Energieträgern im Hafen vor. Häfen sind wichtige Bindeglieder in der Energieversorgung Deutschlands. Damit Häfen die Energiewende aktiv mitgestalten können, müssen Investitionen in Terminals und Verteilinfrastruktur für Liquified Natural Gas (LNG) verstärkt gefördert werden. Zudem sollten Häfen bei der weiteren Entwicklung von Wasserstofftechnologie als Standorte für Forschung und Entwicklung genutzt und für den Handel mit und die Nutzung von Wasserstoff ausgestattet werden. Beim Bezug von Landstrom und der Schaffung der entsprechenden Infrastruktur sind trotz wichtiger Maßnahmen von Bund und Ländern noch nicht alle Hindernisse beseitigt. Landstrom muss weiter rentabilisiert werden, um den Schadstoffausstoß von Schiffen in Häfen zu reduzieren.
Text: ZDS, Foto: oh