Kein Seemannsgarn: Hochseeschifffahrt soll schadstoffärmer werden
Für den internationalen Seeverkehr verschärfen sich ab 2020 die weltweit geltenden Anforderungen an den Ausstoß von Schwefeldioxid. Vor allem der Treibstoff Schweröl belastet Atmosphäre und Weltmeere durch schwefeldioxidhaltige Abgase. Er wird laut Umweltbundesamt derzeit bei den rund 50.000 Hochseeschiffen der Welthandelsflotte überwiegend eingesetzt. Doch globale Ozeanversauerung und Atemwegserkrankungen gehören zu den Folgen. „Strengere internationale Umweltvorschriften sind von zentraler Bedeutung. Aber erst deren Einhaltung schont Umwelt und Gesundheit. Dazu braucht es höhere technische Standards beim Antrieb und zuverlässige Messsysteme“, betont Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Um zu prüfen, ob am Ende wirklich weniger Schadstoffe freigesetzt werden, hat die Firma Wi.Tec-Sensorik (Wesel, Nordrhein-Westfalen) ein Gasmessgerät mit fachlicher und finanzieller Unterstützung der DBU entwickelt, das auch bei der Kraftfahrzeug-Abgasanalyse eingesetzt werden könne.
Weltweiter Schiffsverkehr hat großes Umweltschutz-Potenzial
„Wir haben bei der Schifffahrt ein großes Umweltschutz-Potenzial“, sagt Dirk Schötz, DBU-Referatsleiter Klimaschutz und Energie und meint damit nicht nur, dass für den Erhalt von Umwelt und Gesundheit der Ausstoß von Schwefeldioxid verringert werden sollte, sondern dass auch weiter Anstrengungen der Branche zur Verminderung der Emission von Stickoxiden und Kohlendioxid nötig seien. Auch vor dem Hintergrund der Annahme eines weiter steigenden weltweiten Warenverkehrs. So könne ein geringerer Schadstoff-Ausstoß beispielsweise durch einen Schiffskörper mit geringerem Widerstand, einen effizienteren Antriebsstrang oder alternative Brennstoffe wie Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) erreicht werden. Letzteres hätte auch den Vorteil schwefelfreier Abgase.
Messung muss schwierigen Anforderungen auf Schiffen standhalten
Durch das internationale Vorschriftenwerk zur Verhütung von Meeresverschmutzung in der Hochseeschifffahrt, dem MARPOL-Übereinkommen, gilt ab 2020 weltweit ein Schwefelgrenzwert von 0,5 Prozent im Brennstoff statt bisher 3,5. Zum Vergleich: Autokraftstoffe aus Diesel dürfen nur 0,001 Prozent Schwefel enthalten. Damit der Grenzwert auch eingehalten wird, ist unter anderem eine stichprobenhafte Überprüfung von an Bord verwendeten Kraftstoffen vorgesehen. Ein Vergehen kann je nach Schwere auch strafrechtliche Folgen haben. „Es ist möglich, den Schwefeldioxid-Ausstoß deutlich zu verringern, zum Beispiel indem der teurere Marine-Diesel verwendet wird, der dem Grenzwert von 0,5 Prozent Schwefelanteil entspricht. Oder auch technisch, indem Reinigungseinheiten, sogenannte ‚Scrubber‘, eingesetzt werden, die das Schwefeldioxid nahezu vollständig aus den Schweröl-Abgasen herauswaschen“, erklärt Prof. Dr. Gerhard Wiegleb, Geschäftsführender Gesellschafter des Weseler Unternehmens Wi.Tec-Sensorik. Für die erforderliche Dokumentation sei dann jedoch ein Messgerät erforderlich, das die Wirkung des Scrubbers überwache. Aufgrund der schwierigen Anforderungen auf Schiffen, wie extreme Temperaturen, Erschütterungen und Salzwassereinwirkungen, wurde daher innerhalb des DBU-geförderten Projekts ein widerstandsfähiges und zuverlässiges Gasmessmodul entwickelt, um den Schwefeldioxidausstoß an Bord nachzuweisen.
Gasfotometer misst Schadstoffe nach internationalen Richtlinien
Wiegleb: „Wir haben ein Messsystem entwickelt, das im Vergleich zu den herkömmlichen Geräten die Anforderungen auf Hochseeschiffen deutlich besser erfüllt.“ Das Gasfotometer könne gleichzeitig kleinste Mengen von Stickoxiden, Schwefel- und Kohlendioxid im Abgas von Schiffsmotoren mit Diesel-Antrieb erfassen. Ein weiterer Vorteil sei der kompakte Aufbau, der eine wichtige Voraussetzung für den mobilen Einsatz darstelle. Hieraus ergäben sich zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten in der Umweltmesstechnik, zum Beispiel bei der Abgasanalyse von Kraftfahrzeugen sowie kleinen und mittelgroßen Feuerungsanlagen.
Text u. Foto: DBU