Lehren aus der Oktobersturmflut
In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat das Kabinett am 23. Juli den ersten Entwurf der Novelle des Landeswassergesetzes (LWG) verabschiedet. Mit der Gesetzesnovelle reagiert die Landesregierung auf die Zunahme von Extremwetterereignissen im Zuge der Klimakrise und nimmt notwendige gesetzliche Anpassungen nach der schweren Sturmflut im vergangenen Oktober vor. Außerdem werden verschiedene wasserverkehrsrechtliche Bestimmungen in der Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus (MWVATT) überarbeitet.
„Hitze, Dürre, Starkregen: Die Klimakrise stellt Schleswig-Holsteins Wasserwirtschaft vor immer größere Herausforderungen. Das hat die Oktobersturmflut im letzten Jahr schonungslos gezeigt. Mit der Gesetzesnovelle werden wichtige Stellschrauben nachjustiert, damit unsere Küsten besser geschützt und unsere Wasserressourcen besser gemanagt werden können. Wir machen Schleswig-Holstein klimakrisenfester und ziehen die Lehren aus der Oktobersturmflut“, erklärte Umweltminister Tobias Goldschmidt. Gleichzeitig sorge man dafür, dass Schleswig-Holsteins Häfen ihre Bedeutung als wichtige Umschlagplätze für das klimaneutrale Industrieland weiter steigern können.
Der Gesetzentwurf sei eine ausgewogene Novelle. „Wir tun, was im Zuge eines steigenden Meeresspiegelanstiegs getan werden muss, tragen aber auch dem enormen Anpassungsdruck, der auf Wasserwirtschaft, Kommunen und den Küstenregionen lastet, Rechnung“, so Goldschmidt. „Bei allen gesetzlichen Anpassungen war für uns der Schutz von Leib und Leben sowie eine funktionierende Daseinsvorsorge leitend. Wir haben ein paar echte Planungs- und Baubeschleuniger für den Küstenschutz in das Gesetz aufgenommen und versetzen die Kommunen in die Lage, sich besser auf Hochwassersituationen vorzubereiten. Außerdem ermöglichen wir es den Unterhaltungsverbänden, den lokalen Wasserhaushalt so zu organisieren, dass genügend Wasser in Trockenphasen vorhanden ist und Regenwasser zur Grundwasserneubildung genutzt werden kann“, erklärte Goldschmidt. Die Lehren aus der Sturmflut ziehe man, indem Betreiber von Campingplätzen und Sportboothäfen künftig vor den spezifischen Sturmflutgefahren warnen müssen.
Der Gesetzentwurf geht nun in die Verbändeanhörung und wird danach vom Umweltministerium überarbeitet und erneut im Kabinett behandelt. Anschließend erfolgt die Befassung des Landtags. Das Inkrafttreten wird zum Jahresbeginn 2025 angestrebt.
Wichtige Neuregelungen der LWG-Novelle sind
- die Festschreibung des überragenden öffentlichen Interesses für Bauten des Küstenschutzes sowie das öffentliche Interesse für den Hochwasserschutz, einschließlich des vorsorgenden Hochwasserschutzes; (§ 63);
- die Möglichkeit, zur Verfahrensbeschleunigung Projektmanager in Planfeststellungsverfahre einzusetzen, um beschleunigte Verfahrensabläufe beim Bau von Deichen und Küstenschutzanlagen zu erreichen (§ 84a);
- eine Hinweispflicht für die Betreiber von Campingplätzen und Sportboothäfen. Damit sollen Menschen frühzeitig vor Gefahren gewarnt und Schäden minimiert werden (§ 82a);
- die gesetzliche Verankerung zur Erstellung von Starkregenkarten durch die Kommunen, sodass Menschen in Schleswig-Holstein das Überschwemmungsrisiko für ihre Wohnungen und Häuser genau kennen und entsprechend Vorsorge treffen können (§ 77);
- die Möglichkeit für Kommunen, Maßnahmen zur Starkregenvorsorge in die Abwassergebühren einfließen zu lassen. Dies unterstützt die handelnden Kommunen bei der Finanzierung (§ 44);
- die Nennung des Wasserrückhalts als Element der Gewässerunterhaltung, um sich besser auf die Herausforderungen des Klimawandels für die Wasserwirtschaft einstellen zu können (§ 25);
- der gesetzlich festgeschriebene Vorrang der Niederschlagswasserversickerung. In bebauten Gebieten – z.B. Wohn- oder Industriegebieten – soll Regenwasser nicht abgeleitet werden, sondern versickern. Das bewirkt, dass das Wasser vor Ort bleibt und zur Grundwasserneubildung beiträgt (§ 44);
- eine Verordnungsermächtigung, um von Gemeinden kommunale Wasserversorgungskonzepte zur Sicherstellung der künftigen Wasserversorgung fordern zu können (§ 41);
- eine gesetzliche Verankerung von Hochwasser- und Küstenschutzkonzepten in den Kommunen (§ 57);
- die gesetzliche Festschreibung des überragenden öffentlichen Interesses für Versorgungshäfen für die Inseln und Halligen (§ 94);
- eine moderate Nachjustierung des Landeswasserabgabengesetzes zum Zwecke des Inflationsausgleiches.
Text: MEKUN, Foto: Frank Peter