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Seenotretter tagen in Kühlungsborn

Auf der turnusgemäßen zweijährlichen Tagung der Seenotretter haben die Mitglieder ihres beschlussfassenden Gremiums Ingo Kramer (69) am Samstag, 11. Juni 2022, zum neuen Vorsitzer gewählt. Kramer gehört seit 2010 dem ehrenamtlichen Vorstand der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) an. Bisher war er einer von zwei stellvertretenden Vorsitzern. Nun folgt er Gerhard Harder (74) nach, der die DGzRS seit 2004 als Mitglied des Vorstands und seit 2010 als Vorsitzer geführt hat. Erstmals in ihrer 157-jährigen Geschichte tagten die Seenotretter im Ostseebad Kühlungsborn.

„Der Vormann eines Seenotrettungskreuzers kann bei jedem Wetter zuversichtlich rausfahren, wenn er auf sein Schiff und seine Mannschaft vertrauen kann. Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe, weil ich auf See wie an Land Teil eines sehr professionellen und engagierten Teams bin“, sagte Kramer nach seiner Wahl. Der Bremerhavener Diplom-Wirtschaftsingenieur war bis 2018 geschäftsführender Gesellschafter der Firmengruppe J. Heinr. Kramer, die Spezialanlagen für Schiffbau und Industrie fertigt. Mit dem 65. Geburtstag hatte er die Geschäftsführung in die Hände seines Sohnes Julius in der vierten Generation übertragen. Von 2013 bis 2020 war Kramer zudem Arbeitgeberpräsident, ebenfalls im Ehrenamt.

Seit jeher liegt ihm die Ausbildung junger Menschen am Herzen – auch bei den Seenotrettern: Professionelles Training der rund 1.000 Besatzungsmitglieder der DGzRS war ihm schon in seiner bisherigen Vorstandszeit ein wichtiges Anliegen. Im vergangenen Jahr haben die Seenotretter das spezielle Trainingsschiff CARLO SCHNEIDER in Dienst gestellt. Mit seiner geradlinig-beharrlichen, aber immer entgegenkommenden Art ist Kramer als Teamplayer bekannt – auch an Bord. Der leidenschaftliche Segler und vierfache Familienvater ist seit zehn Jahren Freiwilliger auf dem Seenotrettungskreuzer HERMANN RUDOLF MEYER, also als aktiver Seenotretter Teil der Crew. Bereits seit 1996 ist er Mitglied des beschlussfassenden Gremiums der DGzRS.

Goldene Ehrennadel für scheidenden Vorsitzer

Seinen Vorgänger Gerhard Harder ehrte die DGzRS mit ihrer höchsten Auszeichnung, der goldenen Ehrennadel. Der Diplom-Betriebswirt, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bremer Wollkämmerei und des Energieversorgers swb, ist seit 2002 Mitglied des beschlussfassenden Gremiums. 2004 wurde er in den Vorstand gewählt, an dessen Spitze er ab 2010 zwölf Jahre lang stand. Zu den Höhepunkten seiner Zeit als Vorsitzer zählten die Begegnungen mit den jeweiligen Bundespräsidenten als Schirmherrn der Seenotretter.

Wichtigstes Anliegen des gebürtigen Mecklenburgers war es stets, die allseitige Freiwilligkeit zu wahren. „Man kann es nicht oft genug betonen: Die freiwillige Unterstützung vieler Menschen aus allen Teilen unseres Landes ermöglicht die Unabhängigkeit der DGzRS. Dies wiederum ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Seenotretter freiwillig und ungeachtet der Gefahr für das eigene Leben hinausfahren, wenn Menschen auf Nord- und Ostsee in höchster Not auf Hilfe hoffen.“

Auf einem Seenotrettungskreuzer bei richtig harter See gegen den Wind zu fahren, das sei vielleicht sein Kindheitstraum gewesen. Doch: „Egal ob auf See oder an Land: Wir alle sind Seenotretter. Ich werde weiterhin zu ihnen gehören, auch wenn ich das beste Ehrenamt, das ich mir vorstellen kann, heute abgebe“, sagte Harder zum Abschied als Vorsitzer. Als Gedichte-Liebhaber wird ihm immer die Ballade „Nis Randers“ von Otto Ernst über den Inbegriff des Seenotretters im Kopf bleiben. 2021, im letzten Jahr seiner Amtszeit, wurde ein neuer Seenotrettungskreuzer auf diesen Namen getauft. In Harders gesamter Zeit als Vorsitzer lösten 30 hochmoderne Neubauten ihre jeweiligen Vorgänger ab. Das entspricht der Hälfte der gesamten Rettungsflotte der DGzRS. Den Seenotrettern wird Harder als Mitglied des ehrenamtlichen Beirats und des beschlussfassenden Gremiums erhalten bleiben.

Fehmaraner neu in den Vorstand gewählt

Als stellvertretender Vorsitzer neu in den Vorstand gewählt wurde Lars Carstensen (59) von der Insel Fehmarn. Der gebürtige Hamburger ist geschäftsführender Gesellschafter in der wetreu-Unternehmensgruppe. Seit 2015 ist der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Mitglied des beschlussfassenden Gremiums und seit 2020 Mitglied des Beirates der DGzRS, der unter anderem für Prüfung und Kontrolle der Mittel sorgt, die Menschen aus dem ganzen Land den Seenotrettern freiwillig anvertrauen. Seit gut drei Jahren ist er zudem freiwilliger Seenotretter auf dem Seenotrettungskreuzer der Station Grömitz. Gemeinsam mit seinem Bruder und einem weiteren befreundeten Segler hatte Carstensen 2013 den außer Dienst gestellten Seenotrettungskreuzer ARWED EMMINGHAUS nach Burgstaaken geholt und mit ihm als Hauptexponat das Seenotrettungsmuseum Fehmarn gegründet.

Als weiteren stellvertretenden Vorsitzer der Seenotretter bestätigten die ordentlichen Mitglieder der DGzRS Matthias Claussen (69) aus Bremen. Der Gesellschafter des Bremer Handelshauses C. Melchers & Co gehört dem ehrenamtlichen Vorstand seit 2018 an. Den Wahlen war die Entlastung des Vorstands vorausgegangen.

Das aktuelle Neubauprogramm zur kontinuierlichen Modernisierung der Rettungsflotte und die Gewinnung neuer Spenderinnen und Spender waren wichtigste Themen der Seenotretter-Tagung. Das beschlussfassende Gremium ist gewissermaßen das Parlament der DGzRS. Seine Mitglieder aus allen Teilen Deutschlands entscheiden unter anderem über Satzungsänderungen. Alle Ämter sind ehrenamtlich besetzt.

Erstmals in ihrer fast 160-jährigen Geschichte tagten die Seenotretter in Kühlungsborn. Die dortige Rettungsstation hingegen gehört zu den ältesten der DGzRS: Sie wurde bereits 1882 im Ortsteil Arendsee eingerichtet. Im Bootshafen des Ortes ist heute das moderne Seenotrettungsboot KONRAD-OTTO stationiert und jederzeit einsatzklar – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. Damals wie heute sind dort ausschließlich freiwillige Seenotretter im Einsatz.

Über die Seenotretter

Die DGzRS ist zuständig für den maritimen Such- und Rettungsdienst in den deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hält sie rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote auf 55 Stationen zwischen Borkum im Westen und Usedom im Osten einsatzbereit – rund um die Uhr, bei jedem Wetter. 180 fest angestellte und rund 800 freiwillige Seenotretter fahren Jahr für Jahr rund 2.000 Einsätze, koordiniert von der deutschen Rettungsleitstelle See, dem Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC) Bremen der DGzRS. Die gesamte unabhängige und eigenverantwortliche Arbeit der Seenotretter wird ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert, ohne Steuergelder. Seit Gründung der DGzRS 1865 haben ihre Besatzungen rund 86.000 Menschen aus Seenot gerettet oder drohenden Gefahren befreit. Schirmherr des Rettungswerkes ist der Bundespräsident.

Text u. Fotos: Die Seenotretter – DGzRS

Der ehrenamtliche Vorstand der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS): (v.l.n.r.) Ingo Kramer, Gerhard Harder, Matthias Claussen und Lars Carstensen

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