Tender „Werra“ läuft aus
Am Freitag, dem 8. Januar 2021 um 10 Uhr, läuft der Tender „Werra“ ins Mittelmeer aus. Dort wird der zum Unterstützungsgeschwader in Kiel gehörende Tender für die nächsten Monate den deutschen Beitrag im ständigen Marineverband 2 der NATO (Standing NATO-Maritime Group 2) stellen.
Hauptaufgabe des Versorgungsschiffes wird die Unterstützung des deutschen Verbandsführers und seines multinationalen Stabes sein. „Der Tender ist die Operationszentrale für den internationalen NATO-Stab“, erklärt Korvettenkapitän Robert Lehmann (39), Kommandant der „Werra“. Der gebürtige Berliner führt seit über drei Jahren das Kommando über den Tender. „Wir freuen uns erstmalig die Kieler Flagge in dem Seegebiet präsentieren zu können“. Zu den Aufgaben der „Werra“ gehört in den kommenden sechs Monaten der Informationsaustausch mit griechischen und türkischen Behörden, um Erkenntnisse über Migrations- und Schlepperbewegungen zu gewinnen. Mit an Bord der „Werra“ sind auch ein griechischer und türkischer Offizier, um den Informationsaustausch mit beiden Anrainernationen optimal zu gestalten. Es ist das erste Mal, dass ein Tender diese Aufgabe vor Ort übernimmt. Bisher wurden nur größere Einheiten, wie Fregatten und Einsatzgruppenversorger als Führungsplattform in der Ägäis eingesetzt.
Die erste Prüfung für die 70 Frauen und Männer an Bord erwartet Kommandant Robert Lehmann schon auf dem Weg zum Einsatzgebiet. „Im Januar durch Nordsee, Biskaya und das Mittelmeer zu fahren, könnte etwas ruppig werden“, so der Kommandant. Abstützen wird sich die „Werra“ auf den NATO-Stützpunkt Souda Bay auf Kreta. „Wir hoffen aber auch in den kommenden knapp sechs Monaten den einen oder anderen Hafen in Griechenland oder der Türkei anzulaufen, das ist aber abhängig von dem Verlauf der Pandemie. Für einige Besatzungsmitglieder ist es das erste Mal für so lange Zeit von zu Hause weg zu sein. Meine Besatzung hat in der zurückliegenden Einsatzvorbereitung eindrucksvoll ihren Willen und ihre Disziplin unter Beweis gestellt, sodass ich mir sicher bin, dass wir alle anstehenden Aufgaben im Sinne der Deutschen Marine und den international vorgesetzten Dienststellen mit Bravour bewältigen werden“, betont er abschließend.
Die Soldatinnen und Soldaten werden Mitte Juni in ihrem Heimathafen Kiel, rechtzeitig zur hoffentlich stattfindenden Kieler Woche, zurückerwartet.
Hintergrundinformationen zur Unterstützungsmission in der Ägäis
Die NATO-Verteidigungsministerinnen und Verteidigungsminister haben auf Initiative Griechenlands, der Türkei und Deutschlands am 10. Februar 2016 beschlossen, in der Ägäis einen Beitrag zu den europäischen Maßnahmen gegen die Schleuserkriminalität zu leisten. Hierfür wurde die Einsatzgruppe der Standing NATO-Maritime Group 2 (SNMG 2) in das Seegebiet der Ägäis entsandt. Die Einsatzgruppe wird im Ägäischen Meer zwischen dem türkischen und griechischen Festland eingesetzt. Derzeit besteht sie aus vier bis sieben Schiffen. Die Schiffe operieren sowohl auf hoher See als auch seit März 2016 in den Hoheitsgewässern beider Anrainerstaaten.
Die NATO ist im Seegebiet der Ägäis unterstützend tätig – die Schiffe haben keine hoheitlichen Befugnisse. Es ist nicht ihre Aufgabe, Fahrzeuge anzuhalten oder gegen Schleuser vorzugehen – weder in fremden Hoheitsgewässern noch auf Hoher See. Entsprechende Befugnisse liegen bei den nationalen Küstenwachen und weiteren zuständigen Behörden.
Zudem trägt die NATO zum verbesserten Informationsaustausch zwischen der griechischen und der türkischen Küstenwache sowie der Europäische Union-Grenzschutzagentur Frontex für die Grenz- und Küstenwache in der Ägäis bei. Die Schiffe liefern Informationen für ein vollständiges Lagebild in der Ägäis und über die Schleuseraktivitäten im Seegebiet an griechische und türkische Stellen. Das ist notwendig, um das Vorgehen der nationalen Behörden gegen Schlepper und ihre Netzwerke zu optimieren.
Verbindungsoffiziere türkischer und griechischer Behörden sowie eine Beamtin oder ein Beamter von der Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex befinden sich an Bord des deutschen Führungsschiffes. Sie sind die Schnittstelle zu ihren Organisationen und beschleunigen den Informationsfluss. Die NATO dient in dieser Hinsicht als Kooperationsplattform der Anrainerstaaten.
Mit dem Höhepunkt der Querungen über die Ägäis von rund 853.000 Menschen im Jahr 2015 sank die Zahl in den Folgejahren zunächst sehr stark ab. Im Jahr 2019 wurden 83.300 Migrantinnen und Migranten in der Ägäis registriert. Hierbei sind die Grenzübertritte auf dem Landweg einbezogen. Von Januar bis Ende Mai 2020 wurden rund 7.800 Grenzübertritte registriert.
Die Bundeswehr beteiligt sich mit einem Kriegsschiff und der Verband wird von einem Kapitän zur See geführt.
Text u. Foto: PIZ Marine