Wüst und Günther im GEOMAR
Hendrik Wüst und Daniel Günther, Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, haben am 17. September 2024 mit weiteren Mitgliedern der Kabinette das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel besucht. Der Besuch schließt an eine gemeinsame Kabinettssitzung der Landesregierungen von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen in Kiel an.
In einem Vortrag erläuterte Professorin Dr. Katja Matthes, Direktorin des GEOMAR, die Rolle des Ozeans beim Kampf gegen den Klimawandel und stellte aktuelle Forschungsergebnisse vor. Im Anschluss an den Vortrag informierten sich die Kabinettsmitglieder über marine Methoden, mit deren Hilfe Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnommen werden kann. „Oberstes Ziel muss eine schnelle und drastische Reduzierung der Emissionen sein. Der Ozean ist am Limit, das zeigen die jüngsten Rekordtemperaturen im Atlantik. Für die schwer vermeidbaren Restemissionen erforschen wir am GEOMAR ozeanbasierte Optionen, die dabei helfen können, das überschüssige CO2 aus der Atmosphäre zu entnehmen“, erläuterte Katja Matthes.
Ministerpräsident Daniel Günther: „Als Land zwischen den Meeren ist unsere Region besonders durch den Klimawandel und steigende Meeresspiegel betroffen. Nicht erst seit der Ostsee-Sturmflut ist uns der Handlungsbedarf eindringlich bewusst. Das GEOMAR ist für uns ein wichtiger Partner und Ratgeber, wenn es um die Fragen geht, wie wir uns in Zukunft besser auf solche Ereignisse einstellen können und welche Schwerpunkte wir dafür in der Politik setzen müssen. Unser Ziel ist es, bis 2040 das erste klimaneutrale Industrieland zu sein. Dafür sind wir auch auf wichtige Impulse aus der Wissenschaft und Forschung angewiesen.“
Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Nordrhein-Westfalen trägt als Industrieland hier eine besondere Verantwortung, die Suche nach den besten Lösungen voranzutreiben. Der Austausch mit Exzellenzeinrichtungen wie dem GEOMAR zeigt uns dabei, wie wichtig wissenschaftliche Forschung und daraus resultierende Innovationen sind, um unsere Klimaziele zu erreichen. Das GEOMAR leistet wertvolle Pionierarbeit und trägt auf diese Weise dazu bei, dass wir unsere industrielle Basis erhalten können und zugleich nachhaltige Lösungen für zukünftige Generationen schaffen.”
Die Forschung untersucht verschiedene Ansätze zur gezielten Kohlendioxid-Entnahme. Sie werden u.a. in der Forschungsmission CDRmare unter dem Dach der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM) erforscht, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). „Das theoretische Potenzial dieser Instrumente ist riesig, aber wir müssen ausschließen, dass ihre Anwendung negative Auswirkungen auf das Ökosystem hat. Wir müssen den Ozean vor weiteren Gefahren schützen. Deshalb engagieren wir uns in Forschungsmissionen gemeinsam mit starken Partnern für deren umfassende und koordinierte Erforschung“, erklärt Katja Matthes weiter.
Seegraswiesen als natürliche Klimaschützer
Ein Ansatz ist die Wiederherstellung von Seegraswiesen. Sie speichern ein Vielfaches an CO2 im Boden im Vergleich zu Wäldern an Land. Zudem schützen sie Küsten, indem sie Wellen ausbremsen und den sandigen Untergrund mit ihren Wurzeln festhalten. Sie bieten Meerestieren Schutz und Nahrung und stärken so die Artenvielfalt des Meeres. Außerdem können sie Krankheitserreger aus dem Wasser filtern. Etwa 60 Prozent der Anfang des 19. Jahrhunderts noch von Seegras bewachsenen Fläche in der Ostsee ist bereits verlorengegangen. Am GEOMAR untersuchen Forschende, wie Seegraswiesen neu angepflanzt werden können.
CO2-Speicherung im Meeresboden
Am GEOMAR wird auch erforscht, unter welchen Bedingungen Kohlenstoff im Meeresboden gespeichert werden kann (Carbon Capture and Storage, CCS). Komprimiertes Kohlendioxid in porösen Gesteinsschichten reagiert mit Mineralien im Gestein und wird dadurch chemisch neutralisiert. In den letzten Jahren konzentrierte sich die Forschung auf die Quantifizierung der Speicherkapazitäten in der deutschen Nordsee und die Analyse der damit verbundenen Risiken und Chancen. In den nächsten drei Jahren werden die Forschenden die Umweltbedingungen in einem ausgewählten Nordseegebiet genauer untersuchen und Verfahren für die Überwachung eines möglichen CO2-Speichers weiterentwickeln.
CO2-Aufnahme des Meeres erhöhen
Außerdem untersuchen Forschende Verfahren zur so genannten Alkalinitätserhöhung des Ozeans. Diese imitieren und beschleunigen den natürlichen Prozess der Gesteinsverwitterung, indem sie dem Meerwasser alkalische Lösungen oder aber Mineralien wie Silikat oder Karbonat in Form von Gesteinsmehl hinzufügen. Dadurch steigt die Alkalinität des Ozeans und damit seine Fähigkeit, Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufzunehmen und zu binden. Forschende untersuchen die Ansätze daraufhin, ob sie die natürliche CO2-Aufnahme des Meerwassers verstärken und welche Risiken oder positiven Effekte sie möglicherweise nach sich ziehen.
Text: GEOMAR, Foto: Sarah Uphoff, GEOMAR