136 Tage ohne Landgang
Am Dienstag, dem 4. August 2020 um 10 Uhr, läuft die Fregatte „Hamburg“ für knapp fünf Monate in Richtung Mittelmeer aus. Dort wird Sie das zweite Einsatzkontingent des Auslandseinsatzes „Irini“ der Europäischen Union übernehmen. Bisher hatte sich die Deutsche Marine mit einem Seefernaufklärer P-3C „Orion“ beteiligt, welcher vom Marinefliegerstützpunkt Nordholz startete. Mit der „Hamburg“ ist erstmals ein Schiff der Deutschen Marine bei „Irini“.
„Wir stehen vor einem Einsatz, der in mehrfacher Hinsicht Schiff und Besatzung vor bisher unbekannte Herausforderungen stellen wird. Fregatte ‚Hamburg‘ wird die erste deutsche seegehende Einheit in der Operation EUNAVFOR MED ‚Irini‘ sein und sicherlich hier und dort auf schwierigem politischem und operativem Terrain Pionierarbeit leisten müssen. Neben der Stammbesatzung laufen wir mit einem breiten Portfolio an eingeschifften Fähigkeiten aus, etwa mit zwei Bordhubschraubern und einer Boardingkomponente des Seebataillons. Diese Teileinheiten gilt es, an Bord zu integrieren und zu einem schlagkräftigen Gesamtsystem zu formen. Nicht zuletzt werden wir die Auswirkungen der Corona-Krise spüren, die Transitzeiten, Hafenplanungen und Landgangbestimmungen beeinflussen werden. Allen Widrigkeiten in der Einsatzvorbereitung zum Trotz bin ich sicher, dass wir einen wirksamen Beitrag zur Operation leisten können und freue mich auf die kommenden viereinhalb Monate“, sagt der Kommandant, Fregattenkapitän Jan Fitschen (42), mit Blick auf die bevorstehende Aufgabe.
Im Mittelmeer wird die Fregatte der Klasse F124 als Hauptaufgabe einen Beitrag zur Umsetzung des durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verhängten Waffenembargos gegen Libyen leisten. Weitere Aufgaben sind das Überwachen und Sammeln von Informationen über illegale Ausfuhr von Erdöl und Kraftstoff aus Libyen. Zudem werden Schiff und Besatzung beim Aufbau von Kapazitäten der libyschen Küstenwache und Marine unterstützen. Weiterhin wird die Unterbindung des Geschäftsmodells der Schleuser- und Menschenhändlernetzwerke im zentralen Mittelmeer ebenso eine wichtige Rolle in diesem Einsatz einnehmen.
Der Kommandant betont die Besonderheit des Einsatzes: „Nicht nur die Einsatzvorbereitung, auch der Einsatz steht ganz im Zeichen von Corona. Neben einer besonderen Quarantäne in den ersten beiden Wochen des Transits, inklusive zwei COVID-19-Tests, sind besonders die Hafenphasen deutlich anders als in bisherigen Einsätzen. So werden wir das Schiff möglicherweise erst am Einlauftag in Wilhelmshaven, also am 20. Dezember 2020, wieder verlassen können. Darin liegt auch eine der großen Herausforderungen dieses Einsatzes, dass wir als Besatzung nicht nur die Seephasen, sondern auch die Hafenphasen gemeinsam an Bord gestallten müssen und dabei die vielen individuellen Bedürfnisse aller 250 Soldaten an Bord angemessen zu berücksichtigen sein werden.“
Hintergrundinformationen zu den Fregatten der Sachsen-Klasse (F124)
Insgesamt drei Fregatten der Sachsen-Klasse besitzt die Marine – dazu zählt die Fregatte „Hamburg“. Sie sind als Mehrzweckschiffe für Geleitschutz und Seeraumkontrolle konzipiert. Ihr Schwerpunkt ist die Luftverteidigung: Mit ihrem SMART-L-Radar kann eine einzige Einheit der Sachsen-Klasse zum Beispiel den Luftraum über der gesamten Nordsee überwachen (Reichweite mehr als 400 km). Das Radar der Sachsen-Klasse ist in der Lage, mehr als 1.000 Ziele gleichzeitig zu erfassen. Kommt es darauf an, reichen die Flugabwehrraketen vom Typ SM2 aus dem Senkrecht-Startsystem VLS Mk41 der Sachsen-Klasse über 160 Kilometer weit.
Alle Sensoren und Waffen an Bord sind für diese Hauptaufgabe Verbandsflugabwehr optimiert. Das Computer-Herzstück der Sachsen-Klasse ist das Führungs- und Waffeneinsatzsystem (FüWES) mit einer starken Rechenleistung. Es verarbeitet alle Daten von den Radaren und übrigen Sensoren sowie die Informationen, die verbündete Schiffen liefern. Das System ist redundant auf mehr als einem Dutzend Rechner an Bord verteilt. Mit diesen Fähigkeiten waren die Fregatten der Klasse 124 schon mehrmals im Nordatlantik in Flugzeugträger-Kampfgruppen der United States Navy integriert.
Die Sachsen-Klasse ist dank ihrer guten Kommunikationsanlage mit Funk- und Satellitenverbindungen auch in der Lage, mehrere andere Kriegsschiffe gleichzeitig zu führen. Die Bordhubschrauber der Sachsen-Klasse dienen der weitreichenden Jagd auf U-Boote.
Text: PIZ Marine, Foto: Bundeswehr / Marcel Kröncke, Fotograf: Tanja Wendt