Bergung des U-Bootes U 16
Rund 380 U-Boote wurden für die Kaiserliche Marine bis zum Ende des Ersten Weltkrieges gebaut. Eines von ihnen, das Boot U 16, das den Krieg (1914 bis 1918) überlebt hatte, schaffte es jetzt sogar groß in die Schlagzeilen deutscher und internationaler Medien. Denn das Fahrzeug, das im Jahr 1919 eigentlich als Reparationsleistung von Deutschland an Großbritannien ausgeliefert werden sollte, ging auf seiner Reise aus ungeklärter Ursache im Mündungstrichter der Deutschen Bucht in Höhe der Nordseeinsel Scharhörn unter. Alle Crew-Mitglieder überlebten die Havarie nach Kenntnis des DMB-Marinehistorikers Dr. Jann M. Witt unbeschadet. Er hält es sogar für gut möglich, dass der Untergang durch die U-Boot-Crew gezielt herbeigeführt wurde, um so die Zwangsübergabe an die Briten zu umgehen.
Offiziellen Angaben zufolge ging das auf 1911 auf der Kieler Germaniawerft gebaute, rund 57 m lange Boot, am 8. Februar 1919 verloren. Die Lage des Wracks ist seit Anfang der 1960er-Jahre bekannt. Doch erst jetzt sollte es gehoben werden, da es im Zuge der jüngsten Fahrrinnenanpassung der Elbe nach Einschätzung der Bundeswasserstraßenverwaltung sowie des BSH (Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie) ein Schifffahrtshindernis darstellen könnte. Der Auftrag zur Bergung wurde durch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Elbe-Nordsee (WSA) an einen niederländischen Berger erteilt, der Anfang September damit begann.
Wie sich jetzt schrittweise herausstellt, haben WSA und auch das BSH von dem beabsichtigten Vorgehen im Vorfeld wichtige Interessenvertreter nicht kontaktiert, darunter auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), den Landesarchäologen Hamburgs oder auch Schifffahrtsmuseen. Denn das seit fast 110 Jahre auf dem Grund der Nordsee liegende Boot hatte auch angesichts des guten Erhaltungszustands einen besonderen Wert als technisches Objekt.
Die in zwei Schritten vollzogene Bergungsaktion bewirkte, dass das Boot in zwei Teile zerbrach, die zwar inzwischen alle gehoben sind, die jedoch die Einzigartigkeit des Objektes zerstörten. Deshalb reagierten verschiedene auf Unterwasserfunde spezialisierte Archäologen, so auch der Hamburger Rainer-Maria Weiß oder der Kieler Unterwasser-Fachmann Dr. Florian Huber mit Entsetzen und tiefer Verärgerung auf die Vorgehensweise. Während Weiß von einer „illegalen Hauruck-Aktion“ spricht, die überdies noch „stümperhaft“ durch das Bergungsunternehmen ausgeführt wurde, stellte Huber nur fest: „Jetzt haben wir den Salat.“ Das Boot selbst bezeichnete er hinsichtlich vieler technischer Aspekte als „hochspannend“. Zudem kritisierte Huber, dass es die zuständigen Behörden unterlassen haben, vor der Aktion archäologische Stellen einzubeziehen.
Die Kommission für Unterwasser- und Feuchtbodenarchäologie (KUFA) für den Verband der Landesarchäologen in der Bundesrepublik Deutschland spart ebenfalls nicht mit Kritik an den Behörden. Wörtlich heißt es in einer bei Redaktionsschluss verbreiteten Erklärung: „Wir als KUFA bewerten dieses Vorgehen nicht nur als rechtswidrig, sondern sind entsetzt über die bedenkenlose Zerstörung dieses maritimen Kulturdenkmales als bedeutenden Teil deutscher Geschichte.“
Weil die gescheiterte Bergung inzwischen so hohe Wellen geschlagen hat, galt zum Redaktionsschluss von „Leinen los!“ ein Aktionsstopp. Er wurde durch die BImA verfügt, die nach ihrem Verständnis immer dann tätig wird, wenn auf „ehemaliges Reichsvermögen innerhalb des deutschen Hoheitsgebietes“ gestoßen wird. Dann übernimmt sie die sogenannte „Eigentümerstellung für die Bundesrepublik“. Heißt: die jetzt in Cuxhaven auf großen Prahmen ruhenden Teile werden gegen unerlaubten Zugriff gesichert. Das weitere Vorgehen wird beraten.
Verschiedene Museen haben weiterhin ein Interesse an diesem über 110 Jahre alten historischen Tauchfahrzeug bekundet. Für die bereits erwähnte KUFA ist die Sache indes klar: „Wir als KUFA fordern, dass die Verschrottung dieses einmaligen technischen und historischen Kulturerbes unverzüglich gestoppt wird. Das U-Boot muss untersucht und dokumentiert werden.“ Weitere spannende Fakten zur Geschichte von U 16 im Internet unter: https://de.wikipedia.org/wiki/U_16_(U-Boot,_1911)
Die „Leinen los!“-Redaktion bleibt bei dem spannenden Sachverhalt auf Stand-by.
U 16 auf einen Blick
- Bauwerft: Germaniawerft Kiel
- Indienststellung: 1911
- Länge: 57,8 m
- Breite: 6 m
- Verdrängung: 489 t (aufgetaucht), 627 t (getaucht)
- Antrieb: Petroleummotor
- Bewaffnung: 4 Torpedos
- Besatzung: 25 Mann
Text: Eckhard-Herbert Arndt, Foto: Submaris/3DVisLab
So geht es richtig: Das vor Helgoland liegende, vergleichbare Unterseeboot UC 71 wurde unter Denkmalschutz gestellt und mit neuesten Methoden unterwasserarchäologisch dokumentiert.




