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Besuch im EAZS Neustadt

Soldatinnen und Soldaten müssen für den Einsatz an Bord eines militärischen Kriegsschiffes ausgebildet sein. Neben dem „äußeren Gefecht“, also der Abwehr eines Angriffs auf ein Kriegsschiff, ist auch das „innere Gefecht“ von großer Bedeutung. Hierbei geht es darum, Informationen über Schäden wie Brände, Wassereinbrüche oder personelle Verluste zu sammeln und sanitätsdienstliche Versorgung zu leisten. Um alle diese Herausforderungen zu meistern, müssen alle Besatzungsmitglieder eines Bootes oder Schiffes, also vom Kommandanten bis zum Matrosen, sowohl einzeln als auch im Team geschult werden. Eine der wichtigsten Ausbildungsstätten dafür ist das Einsatzausbildungszentrum in Neustadt in Holstein.

Die Kaserne am Wieksberg liegt direkt an der Ostsee mit eigenem Hafen. Von Land oder Luft aus sieht man drei völlig unterschiedliche Gebäude bzw. Ausbildungsplattformen. Das erste ist die ehemalige Fregatte „KÖLN“ („EX-KÖLN“), die für die Brand- und Leckabwehr an Bord umgebaut wurde. Ein Hochgebäude ist der Tieftauchtopf, der als Ausbildungsplattform zum Tauchen bis zu einer Wassertiefe von 30 Metern dient. Das dritte auffällige Bauwerk ist die Brandhalle, eine Ausbildungshalle, in der unter anderem Großbrände mit Dieselkraftstoff simuliert werden.

Heute besuchen neun ehemalige „Mariner“ das Ausbildungszentrum. Sie kommen aus drei Marinekameradschaften (MK Oldenburg/Holst, MK Lütjenburg, MV Fehmarn), und der Besuch wurde von der MK Oldenburg/Holst initiiert. Der Besuch beginnt um 10:00 Uhr im Offiziersheim der Schule, wo sie von Frau Flottillenapotheker Heimann und Fregattenkapitän Krause begrüßt und über die verschiedenen Ausbildungsplattformen informiert werden.

Nach einer kurzen Erfrischungspause mit einem Kaltgetränk geht es zur Besichtigung in den Tieftauchtopf. Die Luft- und Wassertemperaturen sind durchgehend bei 27-32 Grad Celsius, um Erkrankungen zu vermeiden, da sich die Trainingsteilnehmer und Ausbilder mehrere Stunden im Wasser aufhalten. Ein Tauchausbilder erklärt den Besuchern die verschiedenen Ausbildungsstufen und die Gerätschaften für den „Notaufstieg“ für U-Boot-Fahrer. Danach werden sie zunächst zur Plattform ganz nach oben geführt, dann zur Schleuse, etwa in der Mitte, und schließlich in die U-Boot-Sektion ganz nach unten.

Nach einer Mittagspause mit Gulasch, Reis, Salat und Dessert absolvieren wir einen kleinen Verdauungsspaziergang zur Schule II. Hier befindet sich der „Torso“, eine Ausbildungsstätte für die Leckabwehr, bei der das „Stopfen“ oder „Verschließen“ von Löchern bzw. Rissen während des Wassereinbruchs geübt wird. In diesem Torso wird nicht nur geübt, sondern geschwitzt und geflucht. Die Soldaten stehen unter hohem Druck. Nach dem Motto „vom Leichten zum Schweren“ müssen sie sich mit zum Glück vorgewärmten Wasser durch schwierige Situationen kämpfen. Nicht jeder ist handwerklich begabt, aber hier wird jeder zum Experten seiner Art ausgebildet. Das Wichtigste bei der Leckabwehr: „ERST HANDELN, DANN ÜBERLEGEN!“ Jeder Handgriff muss sitzen, denn es geht um Sekunden. Wer zögert, riskiert das Leben der Besatzung. Sind die Grundkenntnisse vertieft, geht es für die Trainingsteilnehmer auf die „EX-KÖLN“. In verschiedenen Simulationen von Wassereinbrüchen müssen sich die Soldaten hier in einem gnadenlosen Kampf gegen die Elemente beweisen. Doch hier ist alles anders. Die Trainingsbedingungen sind absolut realistisch, denn statt mit warmem Wasser zu üben, müssen die Teilnehmer sich mit dem eiskalten Ostseewasser bei nur 6 Grad Celsius auseinandersetzen. Überall wird gesägt, gehämmert, gedrückt und gepumpt, während das Licht spärlich ist und die Atmosphäre gespannt. Aber damit nicht genug. In einem anderen Bereich wird gerade eine Bundeswehrfeuerwehr dabei trainiert, Brände an Bord zu löschen. Wir folgen unserem Ausbilder weiter und erreichen schließlich die Brandhalle, das dritte große Ausbildungsgebäude. Die Halle erinnert an eine übergroße Dunstabzugshaube und ist mit vielen Auflagen versehen, um die Umwelt zu schonen. Hier legen die Ausbilder große Feuer bzw. Brände zur Übung. In verschiedenen Sektionen können unterschiedliche Hitzegrade erreicht werden, was das Löschen zu einer schweißtreibenden Herausforderung macht. Ohne Atemschutzgerät ist es fast unmöglich, gegen die Flammen anzukommen. In den dunklen und verrauchten Sektionen sorgen Kameras und Sensoren für eine ständige Überwachung, um die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten. Überwältigt von den Möglichkeiten der Ausbildung ist es gegen 15:30 Uhr schon wieder Zeit, Abschied zu nehmen. Mit einem herzlichen Dankeschön für die Möglichkeit, die Ausbildungseinrichtungen besichtigen zu dürfen, verabschieden wir uns und machen uns auf den Heimweg. Wir werden mit Sicherheit noch lange von diesem Tag erzählen können.

Text u. Fotos: Michael Rochel

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