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Der Maler Joachim Ringelnatz in ‚seinem‘ Museum

Kuttel Daddeldu wohnt in Cuxhaven. Dort in der Südersteinstraße 44 ist der immer leicht angetüddelte, stets selbstbewusste und in vielerlei Hinsicht schräge Sailor aus dem gleichnamigen Gedichtband von Joachim Ringelnatz aus dem Jahr 1920 gleichsam vor Anker gegangen.

In einem Haus, das sich sein Erfinder, der ehemalige Seemann und kaiserliche Marineoffizier Hans Gustav Bötticher, der sich nach dem Ersten Weltkrieg als Dichter, Kabarettist und Maler den Namen Joachim Ringelnatz gab, für sein Nachleben auch so gewünscht hatte: „Mit niedrigen Türchen (…) und schiefen Fensterluken. Dort würde ich spuken.“ So schrieb es Ringelnatz in seinem Gedicht „Ehrgeiz“, und in jenem Häuschen in Cuxhaven, nahe dem Schloß Ritzebüttel, ist dieser Traum Wirklichkeit geworden – „sein Museum“, von der Stadt Cuxhaven der 2001 gegründeten Joachim-Ringelnatz-Stiftung zur Ausstellung, Pflege und wissenschaftlichen Betreuung seines Werkes überlassen.

Hier in Cuxhaven, dem ehemaligen Stationierungsort des Leutnants Bötticher, wo er im Ersten Weltkrieg Kommandant eines Hilfs-Minensuchers, des requirierten Hafenschleppers Fairplay VI, im sogenannten Filzlausgeschwader und schließlich Chef einer Flugabwehrbatterie im benachbarten Seeheim gewesen war.

Das Joachim-Ringelnatz-Museum zeigt in seiner Dauerausstellung zum Werk des Dichters und Malers erlesene Exponate, wie die Schreibmaschine, an der Ringelnatz‘ Ehefrau Leonharda, von ihm Muschelkalk genannt, seine Texte tippte, seltene Erstausgaben seiner Werke oder Briefe, wie den Aufruf des Kabarettistenkollegen Werner Finck von 1934 zur Unterstützung des nach dem Auftrittsverbot durch die Nationalsozialisten verarmten und an Tuberkulose erkrankten Dichters.

Mit einer grandiosen Vielfalt zeitgenössischer Fotografien, Handschriften, Dokumenten und Gegenständen aus Ringelnatz‘ Leben wird nicht nur der Mensch, sondern vor allem auch sein vielgestaltiges Werk und die Zeit anschaulich und beeindruckend eingefangen und öffnet den Blick des Besuchers auf einen umfassend begabten, kreativen Kopf und Universalkünstler, der beileibe nicht nur lustiger Verseschmied war.

1924 hatte er mit „…liner Roma…“ (Berliner Romane, die keinen Anfang und kein Ende haben) schon fünf Jahre vor Alfred Döblins Berlin Alexanderplatz nicht weniger als den ersten deutschen Großstadtroman vorgelegt, mit zehn Reproduktionen seiner Aquarelle und Federzeichnungen. Und wie die Prosa ist auch Ringelnatz‘ malerisches Werk, sein zweites berufliches Standbein, lange Zeit unterschätzt und vergessen worden, nachdem seine Bilder durch die Nationalsozialisten aus den Galerien und Museen verbannt wurden.

Hier in Cuxhaven sind sie wieder zu sehen, all die merk- und staunenswürdigen Ölbilder und Aquarelle mit dem Ringelnatzschen ganz eigenen Pinselstrich, „unvergleichlich“ (Otto Sander) wie die Lyrik, originell und skurril wie diese, vor allem auch – der Seemann Bötticher lässt grüßen – mit maritimen Themen. So werden nun in einer Sonderausstellung 19 Gemälde und Aquarelle, zu denen einige der interessantesten und schönsten Bilder von Ringelnatz gehören, und davon ein Teil zudem erstmalig, im Joachim-Ringelnatz-Museum ausgestellt.

Die Ausstellung läuft bis zum 31. Oktober 2019 in der Südersteinstraße 44, 27472 Cuxhaven, Di–So 10–13 und 14–17 Uhr. Eintritt: € 4,00, Homepage: https://www.ringelnatzstiftung.de/

Text u. Foto: Frank Ganseuer

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