headerbild Wir sind Weltbürger.

Die MK Zerstörer Lütjens Dudweiler gratuliert

Der 13. August 2021 hat für Marinekamerad Heinz Clauß, aber auch für die Marinekameradschaft Dudweiler einen ganz besonderen Stellenwert. An diesem Tag nämlich begeht er seinen 100. Geburtstag. Auch wenn das betagte Mitglied angesichts seines fortgeschrittenen Alters ein paar kleinere „Gebrauchsspuren“ aufweist, ist er immer noch recht flott unterwegs und fühlt sich rundum gesund. Wenn er etwas zu beklagen hat, ist es seine fortgeschrittene Schwerhörigkeit. Mehr nicht. Selbst den Oberschenkelhalsbruch, den er sich zur Weihnachtszeit beim gemeinsamen Bummel mit seiner Lebensgefährtin Maria in einem Möbelhaus zugezogen hat, hat er besser weggesteckt als so manch Jüngerer.

Dass Heinz überhaupt noch am Leben ist, verdankt er dem Herrgott, denn seine Militärzeit in der Kriegsmarine birgt durchaus bittere Erlebnisse, bei denen er dem Tod insgesamt vier Mal von der Schippe gesprungen ist. Viel mehr Glück geht wohl nicht. Seine fünfjährige, ereignisreiche Militärzeit vierdient eine Lektüre.

Nach seiner Schulzeit und anschließender Gesellenprüfung im Schreinerberuf trat Heinz Clauß sicherlich ein wenig inspiriert von den Erzählungen des Kaiserlichen Marineoffiziers Graf Luckner, der bei den Eltern gelegentlich gastierte, am 1. April 1940 seinen Militärdienst als Rekrut in der 10. Schiffsstammabteilung in Wesermünde an. Im August 1940 wurde er zur 2. Sperrbrecherflottille versetzt. An Bord des Sperrbrechers Athen überlebte er am 22. September 1940 einen Minentreffer bei Boulogne im Englischen Kanal. Noch sehr gut erinnert er sich an das „abrasierte“ Vorschiff, allerdings auch an seinen anschließenden Lazarettaufenthalt in Lens bei Lille. Der Zufall wollte es, dass er nach einer Verlegungsfahrt von Hamburg nach Kiel auf dem Sperrbrecher 16 „Tulane“, dem Führerschiff der 2. Sperrbrecherflottille, mit seinem Bruder Bernhard Clauß (U 2014) zusammentraf. Noch im Jahr 1940 verlegt die „Tulane“ mit Heinz, der zum Bedienpersonal der 3,7 cm Doppellafette gehörte, durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal ins Einsatzgebiet um Brest, wo er fast täglich auf Geleitfahrten unterwegs war. Nicht zuletzt wegen seiner beruflichen Qualifikationen wurde er auch in der Zimmermannslast eingesetzt. Während seiner Freiwachen baute er ein Modell seines Schiffes im Maßstab 1:10. Irgendwann ergab sich für ihn die Gelegenheit, dieses Modell mit seinem damaligen Kameraden Heinz Kroll im Stab des amtierenden Kommodores in Paris vorzuzeigen, was ihm schließlich ein paar Tage Sonderurlaub bescherte. Dieses Modell wurde später als Leihgabe im Marineheim in Bad Schwalbach ausgestellt.

Im Mai 1943 überstand Heinz Clauß einen weiteren schweren Minentreffer, der Schiff und Besatzung einen Dockaufenthalt in La Rochelle bescherte. Im November 1943 wurde er auf den Sperrbrecher 3 „Belgrad“ kommandiert. Das Schicksal wollte es, dass er dort auf einen seiner ehemaligen Vorgesetzten der „Tulane“ stieß, der Kenntnis hatte von seinen Modellbauleidenschaften. Also durfte er an Bord der „Belgrad“ fleißig weiterbasteln, was ihm erneut Urlaubstage einbrachte.

Zu Beginn des Jahres 1944 trat er seinen Maatenlehrgang in Glückstadt an. Unmittelbar daran folgte eine Schulung an der Flak-Schule in Biarritz (Pyrenäen), die er als Lehrgangsbester abschloss. Nach einem Aufenthalt in einem Durchgangslager in Hörnum (Sylt) kam Heinz zur 20. Schiffsstammabteilung nach Beverloo in Belgien, wo er in der Nacht nach seiner Ankunft bei einem überwältigenden Bombenangriff erneut dem Tod entrann. Nach der totalen Vernichtung des Lagers in Beverloo erwarb Heinz zunächst die Nahkampfspange in Bergen am See (NL), danach den Wehrmachtsführerschein aller Klassen in Arnheim. Dort folgten kürzere Einsätze als Fahrer eines Verwundetenfahrzeugs und auf der niederländischen Insel Schouwen als Bediener eines 3,7 cm Geschützes. Hiernach wurde Kamerad Heinz zur Führernachwuchsschulung nach Esbjerg (DK) kommandiert. Während des Bahntransports dorthin erlebte Heinz den nächsten Angriff. Eine Eisenbahnbrücke wurde just in dem Moment gesprengt, als der mit Heinz besetzte Waggon darüber rollte. Noch lebhaft erinnert er sich daran, wie der Wagen danach mit den Vorderrädern auf der einen und mit den Hinterrädern auf der anderen Seite der Brückenaufhängung stand. Er selbst bekam bei dieser Attacke lediglich eine Gaslampe an den Kopf geschleudert. In Esbjerg erlebte Heinz den Rest des Krieges. Von dort aus ging es für ihn feldmarschmäßig und mit Gesang nach Büsum in die Gefangenschaft. Die Tatsache, dass das Heer der Gefangenen an der Grenze von Dänemark nach Deutschland noch von vielen Dänen gegrüßt sowie mit Wurst und Speck versorgt wurde, fand Heinz äußerst bemerkenswert. An die Zeit der Gefangenschaft hat Heinz mehr gute als schlechte Erinnerungen. Er wurde neu eingekleidet und gut behandelt. Doch bekamen seine Hoffnungen, schon bald nach Laisa/Hessen zurückkehren zu können, durch eine Entscheidung der Entlassungsstelle in Heide einen ordentlichen Dämpfer. Anstatt zu seinen Eltern heimzukehren, wurde er per Lastwagen über Hamburg Bergedorf nach Neuengamme gebracht, wo er schließlich sieben kalte Wintermonate verbrachte.

Am 23. Februar 1946 wurde Heinz im Dienstgrad eines Obermaaten aus der Gefangenschaft entlassen. Den Bahntransport von Hamburg nach Kassel verbrachte er in einem Kohlenwagen. Am 25. April traf er schließlich zu Hause bei seinen Eltern ein. Nach erfolgreichem Abschluss einer Schneiderlehre und der zwischenzeitlich gemachten Erfahrung, dass der Schneiderberuf doch nicht ganz so erträglich ist, machte sich Heinz mit seiner frisch angeheirateten Ehefrau Hanna (U) selbständig. Sie eröffneten 1955 eine Tankstelle im saarländischen Herrensohr. Das Schiffchen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, das über viele Jahre auf seiner Ladentheke stand, war stets prall gefüllt.

Heinz ist seit 1956 Mitglied in der MK Dudweiler und im Deutschen Marinebund. Die damaligen Gründungsmitglieder hat er als einziger allesamt überlebt. Seit vielen Jahren ist er Ehrenmitglied der MK. „Seine“ MK lebt und liebt er heute noch ebenso leidenschaftlich wie seit eh und je. In mehr als sechs Jahrzehnten war er einer ihrer Macher, Anpacker und Ideengeber. Selbst im hohen Alter hat er sich den technischen Errungenschaften nicht entzogen. Mit großer Leidenschaft hat er Ausflüge und andere Veranstaltungen der MK mit Filmkamera und Fotoapparat begleitet und sie schließlich mittels PC auf CDs festgehalten. Eine ganz besondere wie originelle Aufgabe hatte sich Heinz beim alljährlichen Weihnachtsmarkt in Dudweiler selbst auferlegt. Er war der „Mann an der Bratpfanne“ und briet zum Labskaus die Spiegeleier. Dabei war es ihm jedes Mal ein ganz besonderes Anliegen, die Eier in Herzform zu kredenzen. Die Zahl der von ihm gebratenen Spiegeleier ist zwar nicht bekannt. Sie dürfte in die Tausende gehen. Heinz freut sich bereits riesig auf seinen besonderen Jubiläumstag, den er erwartungsgemäß im Kreise seiner Enkel- und Urenkelkinder sowie mit seinen Marinekameraden und -kameradinnen feiern will.

Text u. Fotos: Michael Meding

Heinz Clauß mit seiner Lebensgefährtin Maria

2006: KAdm Axel Schimpf überreicht die Treuenadel für 50 Jahre Mitgliedschaft
Zurück zur Übersicht