Einsatzgruppenversorger „Berlin“ läuft aus
Am Dienstag, den 1. Februar 2022 um 12 Uhr, wird der Einsatzgruppenversorger „Berlin“ seinen Heimathafen Wilhelmshaven verlassen, um sich der Standing NATO Maritime Group 1 (SNMG 1) anzuschließen. Der Marineverband ist vor allem für die Kontrolle und den Schutz strategisch wichtiger Seewege in Nordatlantik und Nordsee zuständig.
„Die Besatzung der ‚Berlin‘ und ich freuen uns sehr darauf, in den kommenden Monaten an der Standing NATO Maritime Group 1 teilzunehmen. Die gemeinsamen Manöver und Übungen mit befreundeten Nationen im Rahmen der NATO sind ein wichtiger Bestandteil unseres Auftrags. Sie sind eine gute Möglichkeit, das eigene Können zu zeigen und sich stets weiter zu verbessern“, so der Kommandant, Fregattenkapitän Stefan Klatt (52). Im bevorstehenden Einsatzzeitraum steht das Manöver „Cold Response“ vor Norwegen an.
Der niederländische Commander Task Group, Commodore A. van de Sande, und sein international besetzter 18-köpfiger Stab werden an Bord des Einsatzgruppenversorgers „Berlin“ eingeschifft und von dort aus den Verband führen.
„Trotz der weiterhin herrschenden COVID-19 Pandemie hoffen wir, in den kommenden Auslandshäfen an Land gehen zu dürfen. Gerade nach unseren Einsätzen in den letzten beiden Jahren, in denen uns pandemiebedingt leider kein Landgang möglich war, ist das jetzt eine großartige Gelegenheit, fremde Länder und Menschen wie auch Sitten und Gebräuche kennenzulernen“, erklärt Fregattenkapitän Stefan Klatt zum bevorstehenden Einsatz.
Die knapp 210-köpfige Besatzung des Einsatzgruppenversorgers „Berlin“ wird voraussichtlich Mitte April 2022 nach Wilhelmshaven zurückkehren.
Hintergrundinformationen zur Standing NATO Maritime Group 1
Die Standing NATO Maritime Group 1, kurz SNMG 1, besteht wie die SNMG 2 in der Regel aus mehreren Zerstörern und Fregatten sowie einem Versorgungsschiff der Flotten nahezu aller NATO-Mitgliedsstaaten – darunter immer ein Schiff aus Deutschland. Mit diesen Marineschiffen sind die Hauptfähigkeiten des Verbands vor allem Kontrolle und Schutz strategisch wichtiger Seewege. Im Frieden operiert die Standing NATO Maritime Group 1 vor allem in Nordatlantik, Nordsee und Ostsee, kann bei Bedarf aber sofort in andere Krisengebiete verlegt werden.
Diese Maritime Group ist die älteste der NATO. Gegründet wurde der Marineverband bereits 1967 als „Standing Naval Force Atlantic“; 2005 erhielt er seine jetzige Bezeichnung.
Neben den Einsätzen, die vom Bundestag mandatiert sind, beteiligt sich die Deutsche Marine laufend an den vier multinationalen Flottenverbänden der NATO. Solche sogenannten anerkannten Missionen gehören zu Deutschlands Verpflichtungen gegenüber dem Bündnis auch in Friedenszeiten. Zu ihnen stellt die Marine permanent Schiffe und Boote ab.
In der Praxis sind diese Missionen nur teilweise den mandatierten Einsätzen ähnlich, darunter etwa die mehrere Monate Abwesenheit der teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten von zuhause. Die wohl wichtigsten Unterschiede zu den Einsätzen sind, dass es die NATO-Verbände erstens teils seit Jahrzehnten gibt und sie zweitens regional nur sehr grob begrenzt sind.
Auch deshalb sind sie schnell verfügbare maritime Reaktionskräfte, mit denen das Bündnis bei eventuellen Krisen oder Konflikten flexibel operieren kann. Die Marineverbände gehören daher zur NATO Response Force; und in dieser Formation sind sie der Anteil der Seestreitkräfte an der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) – der Speerspitze der NATO, die permanent einsatzbereit ist. Zwei der Verbände haben die Fähigkeit großflächig Seewege zu schützen, die zwei anderen sind auf die Abwehr von Seeminen spezialisiert.
Die Maritime Groups sind dem Allied Maritime Command (MARCOM), mit seinem festen Hauptquartier in Northwood bei London, unterstellt. Ihre direkte Führung durch einen Kommandeur auf einem Flaggschiff rotiert jährlich unter den NATO-Partnern. Auch die teilnehmenden Schiffe und Boote wechseln regelmäßig.
Wie ihre Partner entsendet die Deutsche Marine nur Schiffe und Boote, die komplett ausgebildet und ausgerüstet sind. Um diese Einsatzbereitschaft auf einem hohen Niveau zu halten, nehmen die Maritime Groups an verschiedenen nationalen und internationalen Manövern teil. Diese laufende Ausbildung gehört genauso zu den Aufgaben der Verbände wie die militärische Abschreckung oder, wenn nötig, Embargokontrollen, Such- und Rettungsoperationen sowie humanitäre Not- und Katastrophenhilfe.
Nicht zuletzt aber dienen Schiffe und ihre Besatzungen als Botschafter in Blau: Die Verbände besuchen regelmäßig verschiedene Häfen in verbündeten oder befreundeten Staaten.
Hintergrundinformationen zum Einsatzgruppenversorger „Berlin“
Die Einsatzgruppenversorger der Marine sind mit 174 Metern die größten Schiffe der Flotte und verdrängen rund 20.000 Tonnen. Die Schiffe der Berlin-Klasse versorgen Einsatzverbände in See mit allen notwendigen Ressourcen: Kraftstoff, Material und Munition. Als Multifunktionsschiffe stellen die Einsatzgruppenversorger, kurz EGV, außerdem medizinische Spezialkapazität bereit sowie für Führungsaufgaben satellitenbasierte Kommunikationstechnik. Mit solchen Fähigkeiten machen diese Schiffe Marineverbände von Häfen unabhängig, da sie die Durchhaltefähigkeit in See wird je nach Größe des Verbandes mehr als verdoppelt und das weltweit.
Das Transportvermögen des Einsatzgruppenversorgers umfasst 230 Tonnen Proviant, fast ebenso viel an Munition sowie 9.500 Kubikmeter Kraftstoffvorrat. Die mehr als 1.300 Kubikmeter Frischwasser an Bord lassen sich ständig in Trinkwasserqualität durch spezielle Anlagen aus dem Meer nachproduzieren. Diese Versorgungsgüter kann der EGV in Fahrt und auf hoher See an andere Schiffe abgeben, auch an zwei gleichzeitig.
Zur Flüssiggutübergabe dient das Schlauchsystem, das die Berlin-Klasse an der bügelartigen Großvorrichtung mitführt. Ebenso markant sind zwei riesige Kräne an Oberdeck. Ihre Hebefähigkeit erlaubt dem Versorgungsschiff, zum Beispiel Container eigenständig zu verladen. Weiteres Plus: Nicht zuletzt: Ein Staukonzept mit Wertstofftrennung bietet umweltgerechte Abfallentsorgung.
Mehr zum der Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse: https://www.bundeswehr.de
Text: PIZ Marine, Foto: Bundeswehr/Marcel Kröncke, Fotograf: Tanja Wendt