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Gashydrate in europäischen Meeresgebieten

Erdgas, gespeichert in sogenannten Gashydraten, findet man weltweit an vielen Kontinentalrändern. Im Rahmen des von der Europäischen Kommission geförderten Projektes MIGRATE (Marine Gas Hydrates: An Indigenous Resource of Natural Gas for Europe) wurde nun erstmalig eine Bestandsaufnahme der Vorkommen in europäischen Meeresgebieten zusammengetragen. Erste Ergebnisse der am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordinierten Studie wurden jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Marine and Petroleum Geology veröffentlicht.

Unter dem Begriff „Brennendes Eis“ wurden Gashydrate Ende der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bekannt. Die Verbindung aus Wasser und Methan, die unter hohem Druck und bei niedrigen Temperaturen als eisähnlicher Feststoff in Meeressedimenten vorkommt, ist ein fossiler Energieträger, der den in den nächsten Jahrzehnten steigenden Bedarf an Erdgas decken könnte. Nur so kann die kurzfristige Abkehr von Kohle als Energielieferant im Rahmen der Energiewende gelingen, solange die Gewinnung aus erneuerbaren Energien diese Lücke nicht vollständig ausgleicht. Weltweit werden derzeit in großen Projekten Gasvolumen und Förderbarkeit der Gashydratvorkommen wissenschaftlich untersucht.

In dem von der Europäischen Kommission geförderten Projekt MIGRATE (Marine Gas Hydrates: An Indigenous Resource of Natural Gas for Europe) wurde nun erstmals eine europaweite Bestandsaufnahme der Hydratvorkommen, der zur Nutzung notwendigen Arbeitsabläufe und der zur Verfügung stehenden Technologien initiiert. MIGRATE vereint Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure aus ganz Europa in einem Netzwerkprojekt und ermöglicht den Überblick und die Konsolidierung individueller Studienergebnisse in einem europaweiten Zusammenschluss. Als Ergebnis stehen nun erstmals eine Übersicht der Gashydratvorkommen in Europa und Richtlinien für eine Erkundung und Förderung von Gashydraten zur Verfügung.

Die in der internationalen Fachzeitschrift Marine and Petroleum Geology veröffentlichten Studie „Hydrate occurrence in Europe: A review of available evidence” gibt erstmals einen Gesamtüberblick der Gashydratvorkommen von Norwegen bis Spanien und weiter bis in das Schwarzen Meer. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben dabei federführend im Schwarzen Meer im Bereich des Donau-Fächers in umfangreichen interdisziplinären Studien Ausbreitung und Volumenabschätzungen für Gashydratvorkommen liefern können.

„Unsere Untersuchungen zu Hydratvorkommen in ganz Europa haben ergeben, dass es direkte oder indirekte Hinweise auf das Vorhandensein von Hydrat an mehreren europäischen Standorten, darunter am westlichen und östlichen Rand Grönlands, an der Küste und vor der Küste Spitzbergens, in der Barentssee, am mittelnorwegischen Kontinentalrand, am Kontinentalrand westlich von Irland, im östlichen Mittelmeer, der Marmarameer und am westlichen und südlichen Rand des Schwarzen Meeres gibt“, führt Dr. Jörg Bialas vom GEOMAR, Ko-Autor der Studie aus. „Besonders weit verbreitet kommt Hydrat vor der Küste von Spitzbergen und Norwegen sowie im Schwarzen Meer vor“, so Bialas weiter.

Allerdings, so der Kieler Geophysiker, seien die Hydratsysteme erst in einigen wenigen kleinen Gebieten gut erforscht. Um den regionalen Hydratgehalt unter dem Meeresboden zu bestimmen, sind für die meisten europäischen Regionen noch umfangreiche weitere Untersuchungen erforderlich.

Für eine mögliche Gasförderung aus einer Hydratlagerstätte sind ferner Stabilitätsberechnungen notwendig, um die Bereiche sicherer Förderung aufzuzeigen. „Im Bereich des Schwarzen Meeres haben wir dazu umfangreiche dreidimensionale seismische Vermessungen durchgeführt“, erläutert Bialas. Diese Daten sollen helfen Bereiche zu identifizieren, in denen ein gefahrloser Abbau von Gashydraten möglich wäre. Im Rahmen des nationalen Verbundprojektes SUGAR wurde ferner ein Verfahren entwickelt, um bei einer Erdgasförderung aus einem Hydratvorkommen Kohlendioxid sicher zu speichern. Dieses am GEOMAR entwickelte Verfahren würde neben der Möglichkeit einer CO2-Speicherung auch die Hangstabilität von hydratreichen Sedimentschichten positiv unterstützen.

„Auch wenn endgültige Zahlen für verfügbare Gasvolumen in den Hydratregionen noch nicht gegeben werden können, so haben wir mit dem Bericht und Kartenwerk eine ungewöhnlich breit besetzte interdisziplinäre Kooperation erreicht, die erst die zukünftige Erarbeitung solcher grenzüberschreitenden Arbeiten ermöglichen“.

Text u. Foto: GEOMAR

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