Marinekameraden sehen Risiken
Der Impulsvortrag des Vorsitzenden der Marinekameradschaft Heide zur russischen Schattenflotte war mit Spannung erwartet worden. Man versuchte viele Fragen zu klären. Zum Beispiel, warum die bisherigen Sanktionen gegen Russland ins Leere laufen.
Eine Fülle von Maßnahmen sollte Russland vom Welthandel abschneiden. Viele russische Güter finden dennoch einen Weg. Mit einer Schattenflotte von alten Tankschiffen gelangt Putins Rohöl von den Ostseehäfen Primorsk und Ust-Luge in alle Welt, so Kurt-Ewald Finke in seinem Vortrag.
Die Nachfrage nach gebrauchten Tankschiffen ist nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und dem Embargo stark gestiegen und hat zu exorbitant hohen Preisen geführt. Rund 230 der insgesamt 650 Schiffe der russischen Schattenflotte wurden von US-amerikanischen und europäischen Reedern verkauft. Auch norddeutsche Reeder profitierten von den fragwürdigen Geschäften.
Den Verkäufern war klar, wohin ihre Schiffe letztlich gingen. Den Eigentümern der Schiffe brachte der Verkauf Milliarden ein. Zwischen 2022 und 2024 wurden elf Tanker aus der deutschen Handelsflotte in die russische Schattenflotte verkauft. Der Verkauf der Schiffe war nicht illegal. Die Reeder und Eigner der Schiffe dürften ein gutes Geschäft gemacht haben.
Der Verband Deutscher Reeder (VDR) bezeichnete diese Entwicklung als „besorgniserregend“, so der Vorsitzende Kurt-Ewald Finke. Mitte Januar 2025 havarierte ein Tanker vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns. Das Schiff wird der russischen Schattenflotte zugerechnet. In schwerem Sturm versuchten Schlepper den manövrierunfähigen Tanker zu stabilisieren.
Schäden an der Stromverbindung „Estlink 2“ zwischen Finnland und Estland sowie an vier Datenkabeln waren kein Unfall. Finnische Ermittler haben eine ein Kilometer lange Schleifspur auf dem Ostseegrund entdeckt. Ein Anker wurde über hundert Kilometer über den Meeresboden geschleift.
Durch ihre geografische Ausdehnung ist der Schutz der maritimen Infrastrukturen eine Herausforderung. Nach beschädigten Daten- und Stromkabeln am Meeresboden der Ostsee sehen Experten auch in der Nordsee die Gefahr von Sabotage. Spionagedrohnen über der Förderplattformen Troll A und Pipeline sollen Unsicherheit schaffen.
„Die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines waren ein Wake-up-Call“, sagt Kurt-Ewald Finke. Gefahren und Umweltkatastrophen drohen durch marode Schiffe und den Ship-to-Ship-Transfers.
Im Ausschluss an den Vortrag wurde das Thema russische Schattenflotte und maritime Sicherheitspolitik unter den Marinekameraden lebhaft diskutiert. Sind Spionagedrohnen über dem Industriepark und die maritime Infrastruktur Brunsbüttel eine gefährliche Sicherheitslücke?
Text u. Foto: Kurt-Ewald Finke
