Maritime Schätze in historischem Gebäude
Schiffsmodelle, Rettungsringe, Fender, Wappen, Kleidung und vieles mehr – nach und nach ist es voll geworden in der ehemaligen Wohnung an der Adresse Moorstraße 19 in Walsrode. Am Freitag, 1. Oktober, eröffnete die Marinekameradschaft „Scharnhorst“ Soltau hier ganz offiziell eine Dauerausstellung.
„Wir haben das, was Sie hier sehen, nach und nach zusammengesammelt, anders hätten wir das gar nicht stemmen können“, sagt David Guttmann, Pressewart der Marinekameradschaft „Scharnhorst“. Gemeinsam mit Vorsitzendem Hans-Heinrich Heuer freut er sich über das mühsam Erreichte und ergänzt: „Der Verein hat die komplette Renovierung der Wohnung in Eigenregie vorgenommen.“
Man mag sich wundern, dass die Marinekameradschaft „Scharnhorst“ ihre Dauerausstellung nicht in Soltau, sondern in Walsrode eröffnet. Regelmäßig treffen sich die Mitglieder in Soltau im Vereinslokal „Zum Postillion“, mal zum Frühschoppen, mal zum Kameradschaftsabend. Dass die Kameradschaft ihre Ausstellung ausgerechnet in Walsrode ansiedelt, ist einem einfachen Grund geschuldet: Die Kreissparkasse Walsrode stellt den Kameraden die Immobilie an der Moorstraße zur Verfügung.
Das Walsroder Gebäude ist Bestandteil des historischen Stadtensembles aus dem 18. Jahrhundert, erbaut worden ist es um das Jahr 1760 herum als typisches Walsroder Doppelhaus. Alteingesessene Walsroder wissen: Es war die Wiederaufbauphase nach dem Stadtbrand von 1757. 1987/88 erfolgte im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms die Sanierung des Hauses. Nachdem die rund 100 Quadratmeter große Wohnung im ersten Obergeschoss leer stand, bot die Kreissparkasse sie nun der Marinekameradschaft zur Nutzung an – ein Glücksgriff für die Soltauer, handelt es sich doch um eine zentral gelegene, gut erreichbare Adresse inmitten der Walsroder Innenstadt.
Marinekameradschaft besteht seit 1936
Die 1936 gegründete Soltauer Marinekameradschaft „Scharnhorst“ möchte mit der Dauerausstellung informieren, auch über die Kriegsjahre, sie wolle dabei aber nichts verherrlichen, heißt es auf deren Website. Weiter steht dort geschrieben, dass sich die Kameradschaft keineswegs als „ewig gestriger, alter Krieger“ verstehe. Man wolle Tradition und Geschichte der Marine bewahren, verstorbener Kameraden gedenken und gleichzeitig aus den Erfahrungen der Geschichte lernen. Mit der Dauerausstellung möchte die Marinekameradschaft nun einen aktiven Beitrag zur Sicherung maritimer Kulturgüter leisten.
Die Mitgliederzahl der Marinekameradschaft war mal höher, als sie heute ist: 40 Personen gehören ihr aktuell an, zu Hochzeiten seien es knapp 90 gewesen, das sei aber lange her, erinnern sich Heuer und Guttmann. Allerdings war die Mitgliederzahl auch mal deutlich niedriger als jetzt: Bis vor einem halben Jahr habe man nur 25 Mitglieder gezählt – dank umfangreicher Internet-Aktivitäten, insbesondere auf Facebook, sei es gelungen, innerhalb kurzer Zeit zahlreiche neue Mitglieder dazuzugewinnen, aus dem Heidekreis, aus anderen Teilen Deutschlands, auch jüngere Personen seien dabei. Apropos Facebook: Insgesamt hätten bereits mehr als 2.400 Personen die Facebook-Seite der Soltauer Marinekameradschaft abonniert, freut sich Guttmann, der die Seite pflegt.
Es versteht sich von selbst, dass sich die Kameraden für die Zukunft über noch mehr neue Mitglieder freuen würden – vielleicht führt die Dauerausstellung ja genau dazu. Guttmann betont: „Man muss nicht bei der Marine gewesen sein.“ Und Heuer erläutert: „Heute ist es so, dass die Hälfte unserer Mitglieder einfach maritim interessiert ist.“ Auch ein paar Frauen gehörten der Kameradschaft an, so der Vorsitzende weiter.
Aber zurück zur Ausstellung: Zu deren Höhepunkten zählen natürlich die Schiffsmodelle. Sponsoren hätten diese und weitere Ausstellungsstücke zur Verfügung gestellt – teils als Spende, teils als Dauerleihgabe, berichten Heuer und Guttmann.
„Tirpitz“-Modell ist 2,50 Meter lang
Größtes Schiffsmodell ist die „Tirpitz“: 2,50 Meter ist das Schlachtschiff-Modell lang, im Vergleich zum 251 Meter lang gewesenen Originalschiff beträgt der Maßstab also 1:100. Gebaut habe das Schiffsmodell einst ein Herr aus der Nähe von Rendsburg, so die Marinekameraden.
Eine Besonderheit sei das Modell des Schlachtschiffs „Gneisenau“: Ein Junge aus Böhme habe es, vermutlich 1939 oder 1940, gebaut – kurz bevor er selber an die Front eingezogen worden sei. Und: Er habe den Rumpf aus einem einzigen Stück Holz gefertigt. Überlebt habe das Modell den Zweiten Weltkrieg in einer Scheune, erzählen die beiden Kameraden.
An vielen der Ausstellungsstücke hängen solche Erinnerungen. Das Modell der Fregatte „Braunschweig“ beispielsweise hätten Kameraden an Bord des Originalschiffs selbst gebaut. Oder der orangefarbene Rettungsring: Der stamme von der Schulfregatte „Scharnhorst“ und damit von jenem Schiff, nach dem die Soltauer Marinekameradschaft benannt ist
Ebenjene Namensherkunft betonen die Marinekameraden immer wieder. Sie legen Wert darauf, dass jeder weiß: Ihr Name bezieht sich nicht auf das Schlachtschiff „Scharnhorst“, sondern auf die Schulfregatte „F213 Scharnhorst“. Zu der Schulfregatte unterhielt die Soltauer Marinekameradschaft von 1962 an eine Patenschaft – diese endete, als die „F213 Scharnhorst“ 1968 außer Dienst gestellt wurde.
Ein ganz besonderes Ausstellungsstück ist auch das graue Tuch, das im obersten Fach einer gläsernen Vitrine liegt. „Das ist ein Original-Segeltuch der ‚Gorch Fock‘, im Sturm ’77 im Atlantik abgerissen“, sagt Guttmann, nimmt es heraus und breitet es aus.
Besichtigung nach Terminvereinbarung
Es gibt noch viel mehr zu sehen in der Dauerausstellung der Marinekameradschaft „Scharnhorst“ Soltau. Wer sich die Ausstellung in Walsrode anschauen möchte, hat dazu ab 1. Oktober Gelegenheit. Feste Öffnungszeiten gibt es nicht, wer Interesse hat, ruft beim Vorsitzenden Hans-Heinrich Heuer an und vereinbart einen Termin. „Wir öffnen bei Interesse, lassen die Leute rein und bitten um Spenden, um die Kosten zu decken“, sagt Guttmann. Auch Schulgruppen seien willkommen, betont der Pressewart.
Heuers Telefonnummer für Terminvereinbarungen lautet (0151) 50726133, und wer sich vorab über die Marinekameradschaft informieren möchte, besucht die Website mk-soltau.de oder die Facebook-Seite www.facebook.com/Marinekameradschaft.Soltau/.Des Weiteren hat die Bordgemeinschaft der Fregatte „Braunschweig“ einen Film am Eröffnungstag gedreht, den man unter folgender URL findet: https://www.youtube.com/watch?v=I9PuLftWEHY
Text: Marcel Maack, Fotos: David Guttmann