„THEO FISCHER“ wird ersetzt
Einen neuen Seenotrettungskreuzer für ihre Station am Darß (Mecklenburg-Vorpommern) hat die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am 12. März 2020 bei der Werft Fr. Fassmer in Berne an der Unterweser auf Kiel gelegt. Die traditionelle Zeremonie der Seenotretter markiert zugleich auch einen wesentlichen Zeitabschnitt der DGzRS-Geschichte: Vor 30 Jahren übernahm die DGzRS im Zuge der deutschen Wiedervereinigung 1990 wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern.
28 Meter lang, 6,20 Meter breit, zwei Meter Tiefgang, fast 4.000 PS stark und 24 Knoten schnell – das sind nur einige technische Daten des neuen Seenotrettungskreuzers, der heute für die Seenotretter am Darß auf Kiel gelegt wurde.
Einer alten Schiffbautradition folgend wurde die Kiellegung des neuesten Spezialschiffes der DGzRS durch eine Münzeinlegung in ein Bauteil des Rumpfes in Anwesenheit der Vorleute und mehrerer Besatzungsmitglieder der zukünftigen Station feierlich begangen. Schiffbauern und Seenotrettern soll die Münze Sicherheit, Glück und Gesundheit verheißen. Während früher ein Geldstück unter dem Kiel lag und in der Bauzeit durch das ansteigende Gewicht plattgedrückt wurde, findet eine Münze oder Medaille bei heutiger Bauweise „kieloben“ in einer speziellen Öffnung eines Bauteils Platz.
Vor 30 Jahren übernahm die DGzRS im Zuge der Wiedervereinigung 1990 wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern. „Die Kiellegung des neuen Seenotrettungskreuzers für den Darß markiert zugleich auch einen wesentlichen Zeitabschnitt der mehr als 150 Jahre währenden Seenotretter-Geschichte“, erläuterte Gerhard Harder, ehrenamtlicher Vorsitzer der DGzRS. „Deshalb wurden nicht nur eine, sondern zwei Münzen in die anschließend verschweißte Aluminiumtasche eingelegt: Eine Mark der DDR, umgangssprachlich auch Ostmark genannt, sowie eine Deutsche Mark der Bundesrepublik Deutschland.“
Eingelegt wurden die Münzen von Sandra Breitner, selbst freiwillige Seenotretterin am Darß. Bereits seit zwei Jahren unterstützt sie die Seenotretter regelmäßig, wenn zusätzlich jemand an Bord gebraucht wird. Die beiden Münzen werden in den rund 30 Dienstjahren des Spezialschiffes jeden Einsatz mitfahren – vor 30 Jahren hatte sich die deutsch-deutsche Grenze an Land und auch auf See geöffnet. Tatsächlich ist es Zufall, dass Kiellegungspatin Sandra Breitner im Jahr der Wiedervereinigung geboren wurde und in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag feiert.
Der Zusammenschluss der Seenotretter aus Ost und West unter dem Dach der traditionsreichen DGzRS am 3. Oktober 1990 gilt als eine der gelungensten Aktionen der deutschen Wiedervereinigung. Damit übernahm die DGzRS im Jubiläumsjahr 125 Jahre nach ihrer Gründung wieder den Seenotrettungsdienst in Mecklenburg-Vorpommern. Größter Gewinn waren die hochmotivierten Besatzungen mit ihrer Erfahrung, Revierkenntnis und der Einstellung zu ihrer Aufgabe, die sich kein bisschen von der ihrer Kollegen im Westen unterschied. Nach wie vor gibt es unter ihnen Familien, die seit vielen Generationen Seenotretter stellen.
Das Typschiff der 28-Meter-Klasse, zu der auch der Neubau für den Darß gehört, wurde am 30. Mai 2015, einen Tag nach dem 150. Geburtstag der DGzRS, auf den Namen „ERNST MEIER-HEDDE“ getauft – des ehrenamtlichen Vorsitzers der Seenotretter, der seinerzeit von Land aus den Zusammenschluss der Seenotretter aus Ost und West vorbereitet hatte.
Der jetzt auf Kiel gelegte Seenotrettungskreuzer mit der internen Bezeichnung SK 42 ist die inzwischen sechste Rettungseinheit der 28-Meter-Klasse und wird im Rahmen der notwendigen ständigen Modernisierung der Rettungsflotte auf der Station am Darß die THEO FISCHER ablösen. Besondere Merkmale der 28-Meter-Klasse sind eine umfassende Ausrüstung zur medizinischen Erstversorgung an Bord, eine Feuerlöschpumpe mit ferngelenktem Monitor zur Bekämpfung von Bränden auf See und die Fähigkeit, sich im Falle des Durchkenterns innerhalb weniger Sekunden wieder aufzurichten. In der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne führen die 28-Meter-Einheiten jeweils ein gut acht Meter langes Tochterboot mit sich, das auf See unabhängig vom Mutterschiff agieren kann.
Die „THEO FISCHER“ wiederum soll künftig ohne feste Station immer dort zum Einsatz kommen, wo andere Seenotrettungskreuzer vertreten werden müssen, zum Beispiel während turnusgemäßer Generalüberholungen. Die Station am Darß wird in den nächsten Jahren aus dem Nothafen Darßer Ort, der zurückgebaut und renaturiert werden wird, in den derzeit in Planung befindlichen Inselhafen Prerow umziehen.
Text: DGzRS; Foto: Martin Stöver