Verfahren bei Digitalisierungsprojekten der Bundeswehr
Gemeinsame Stellungnahme vom Bitkom e.V. und BDSV zum Verfahren bei Digitalisierungsprojekten der Bundeswehr
Wichtige Digitalisierungsprojekte der Bundeswehr werden derzeit verzögert oder sind gefährdet. Die Diskussion um die Einschaltung vom „Beratern“ bei der Bundeswehr ist mit erheblichen Konsequenzen für die Industrie und damit auch für die operativen Fähigkeiten der Bundeswehr verbunden.
Diese Diskussion bindet seit vielen Wochen umfangreiche Kapazitäten der für die IT-Ausstattung und die Digitalisierung der Bundeswehr verantwortlichen Bereiche. Viele Verträge werden langfristigen Prüfschleifen unter-zogen oder gar nicht erst bearbeitet. Das Bundesamt für Ausrüstung, Information und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) etwa hat sehr zeitintensive zusätzliche Prüfschritte bei Neubeauftragungen eingeführt. Es wurde bereits signalisiert, dass Industriefirmen bei neuen Beauftragungen mit mindestens 3-4 Monaten Verzug rechnen müssen. Es liegen auch konkrete Fälle vor, die zeigen, dass diese Praxis auch Produktbeschaffungen betrifft, die keinen Bezug zu beratungsrelevanten Themen haben. Die Folge ist ein dramatischer Stillstand, der sich aus einem Klima der Vorsicht und Verunsicherung ergibt. Verzögerungen von über zwölf Monaten sind bereits heute in einzelnen Projekten absehbar.
Hiervon werden neben der Bundeswehr selbst auch die beteiligten Industriepartner hart getroffen:
- Komplexe Projekte im Bereich der Digitalisierung benötigen neben den Experten aus dem Bundesverteidigungsministerium und der Bundeswehr immer auch die Experten auf der Industrieseite. Diese industrielle Expertise kann nicht auf unbestimmte Zeit vorgehalten werden und droht daher verlorenzugehen.
- Die Zulieferer der Bundeswehr sind nicht nur Konzerne, sondern auch viele mittelständisch geprägte Unternehmen. Nach der langen Auftragsverzögerung bedingt durch die späte Kabinetts- und damit Haushaltsbildung in 2018 müssen diese Dienstleister der Bundeswehr erneut mit großen Auftragsverzögerungen in 2019 umgehen. Alleine im aktuell größten Digitalisierungsprogramm der Bundeswehr, SASPF, droht seit dem 1.Mai 2019 30 Projekten der Stillstand. Über 100 Verträge stecken in den Prüfschleifen des BAAINBw fest, ohne dass gesagt werden kann wann und in welchem Umfang Aufträge vergeben werden können. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um Abrufe auf bestehende und bereits genehmigte Rahmenverträge, oft sogar bei der eigenen Tochter BWI.
- Die jetzigen Verzögerungen führen nicht zuletzt auch zu einem Stau beim Abfluss der Mittel aus dem Verteidigungshaushalt, was dem politischen Petitum nach weiterer Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht entspricht.
Fazit: Eine umgehende sachgerechte Bewertung der Situation ist erforderlich, auch in Hinblick auf zukünftige Vergaben. Laufende Projekte und Maßnahmen der Digitalisierung müssen aber weiterhin auf Grundlage des geltenden Vergabeverfahrens realisiert werden.
Text: BDSV u. Bitkom